22. Sept. 2011 um 19.00 Uhr
im Gemeindesaal der Pfarrgemeinde St. Elisabeth, Schloßgartenplatz 5, Darmstadt
Dr. Frank Schreiber, Landessozialgericht Hessen, spricht zum Thema:
Sozialrecht – Systemgerechtigkeit und Menschenbild
Gedanken aus dem Blickwinkel der Dritten Gewalt
Die Sozialrechtsreformen der letzten zehn Jahre haben die Rechtsgrundlagen des Sozialstaats grundlegend verändert. Dabei kam es nicht nur zu den häufig zitierten finanziellen „Einschnitten in das soziale Netz“. Rechtswissenschaft und Sozialgerichte stehen zunehmend vor der Herausforderung, Systembrüche in der Gesetzgebung zu kitten, um zu angemessenen Lösungen zu gelangen. Einerseits werden die Zweige der Sozialversicherung in einigen Bereichen der erklärten Aufgabe der solidarischen Lebensstandardsicherung nicht mehr gerecht. Auf der anderen Seite führt dieser Ausfall dazu, dass Grundsicherungssysteme wie „Hartz IV“ immer umfangreichere Zielkataloge abarbeiten müssen, z.B. die Lücken des Bildungs- und Gesundheitssystems füllen sollen. Das Grundsicherungsrecht folgt dabei keinem einheitlichen Menschenbild. Stand anfangs der betriebswirtschaftlich rational handelnde, Rücklagen bildende „Ich-AG“´ler für das Leitbild Modell, so scheinen es heute verantwortungslose Eltern zu sein, die die Bildungsressourcen ihres Nachwuchses für Alkohol zweckentfremden und mit Gutscheinen unmündig gehalten werden sollen.
Dr. Frank Schreiber, Richter am Hessischen Landessozialgericht, zeichnet in seinem Vortrag die Verwerfungen aus richterlicher Perspektive nach und bewertet in einem politischen Ausblick Alternativen vom bedingungslosen Grundeinkommen bis zur Bürgerversicherung.