Vielbunt e.V. ist ein 2010 gegründeter Verein der sich für die Menschen und Interessen der Queeren Community in Darmstadt kümmert. Neben vielen Projekten und Arbeitsgruppen betreibt Vielbunt das Queere Zentrum in der Oetinger Villa.
Vielbunt: Unisex-Toiletten + Unisex-(Einzel-)Umkleide. Toiletten und Umkleiden in städtischen Gebäuden und Einrichtungen sind häufig an binären Geschlechterbildern orientiert. Immer wieder geraten trans* und inter* Menschen in Probleme, wenn sie diese Räume nutzen wollen und gezwungen werden, sich zwischen einer Toilette für Männer oder eine Toilette für Frauen zu entscheiden. Probleme entstehen bei Toiletten insbesondere dann, wenn eine Person nicht eindeutig männlich oder weiblich gelesen wird. Fehlende geschlechtsunabhängige Einzelumkleiden und Duschen stellen (durch die unvermeidbare Bloßstellung körperlicher Merkmale) eine unüberwindbare Herausforderung dar und schließen trans* und inter* Menschen von Veranstaltungen in solchen Räumlichkeiten faktisch aus. Da das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass eine binäre Personenstandsregelung nicht der tatsächlichen Realität entspricht, und somit den Weg für einen dritten Geschlechtseintrag geebnet hat, fordern wir, dass in städtischen Gebäuden wie zum Beispiel Schulen, Bürgerhäusern und Sportstätten Alternativen zu binären Toiletten und Umkleideräumen eingerichtet werden.
UFFBASE: Wir stellen wir uns geschlechtsunabhängige Einzelkabinen sowohl bei den Toiletten als auch bei den Umkleideräumen vor. Idealerweise sind diese alle barrierefrei. Soweit dies baulich nicht möglich ist, müssen unter gendersensiblen Aspekten, je nach Lokalität, Einzellösungen gefunden werden.
Hilfe für LSBT*IQ_Jugendliche: Im jungen Alter geschieht die sehr wichtige psychische Entwicklung und Identitätsfindung. Für Jugendliche, die in einer Familiensituation leben, in der ihre Identität nicht akzeptiert wird, werden sie durch Diskriminierung oder sogar körperliche Gewalt in dieser Findung möglicherweise eingeschränkt. Dies kann schwerwiegende psychische Traumata zur Folge haben. Wir fordern Hilfe für LSBT*IQJugendliche, die von zu Hause aufgrund von Diskriminierung seitens der eigenen Familie dazu gezwungen sind, auszuziehen. Insbesondere fordern wir eine feste Ansprechperson im Jugendamt für LSBT*IQJugendliche, die für jene Jugendliche auch eine sichere Unterkunft in Kooperation mit Einrichtungen bzw. Trägern der Erziehungsberatung oder Jugendhilfe bereithält.
Unserer Einschätzung nach sind queere Themen in der Kinder- und Jugendarbeit gut vertreten. Wir sind generell gegen Diskriminierung und ein Ausbau der Angebote für alle Jugendlichen in dieser speziellen Lebensphase wäre sehr wünschenswert. Wichtig finden wir die Aufrechterhaltung der Diskussion und der Aufmerksamkeit für queere Themen. So erachten wir es als notwendig, dass im Bereich der Weiterbildung regelmäßige Antidiskriminierungs-Fortbildungen verbindlich vorgeschrieben werden. Über geschlechtsbezogene Aspekte hinaus benötigen wir diskriminierungssensible kommunale Plätze für Inobhutnahmen.
Queer-Sensible Schulsozialarbeit: Laut Antidiskrimierungsstelle des Bundes geben 94% der befragten Schüler_innen an, in den letzten 12 Monaten abfällige Bemerkungen über LSBT*IQoder Schimpfwörter in ihre Richtung mitbekommen zu haben. Jede achte befragte Person gab 2017 sogar an, mindestens einmal körperliche Gewalt gegenüber LSBT*IQ:Personen beobachtet zu haben. Um die Ursachen zu bekämpfen, gibt es bereits ehrenamtliche Antidiskriminierungs- und Bildungsprojekte wie zum Beispiel SCHLAU – doch diese nur vereinzelt und lokal. An Schulen mangelt es an Ansprechpersonen für queere Themen. Wir fordern daher LSBT*IQ qualifizierte Ansprechpersonen an Schulen. Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, fordern wir ebenfalls eine hauptamtliche Stelle für das außerschulische Bildungsprojekt SCHLAU in Südhessen.
Ein Ziel, für das wir uns auch in unserem Wahlprogramm aussprechen, ist, vor allem die Schulsozialarbeit zu stärken. Die Verfügbarkeit dieser ist derzeit zu gering. In Schweden sprach der Gesetzgeber bereits 2011 allen Schüler*innen das Recht zu, Angebote der Schulsozialarbeit in Anspruch nehmen zu können. Hierzulande forderte der Paritätische Gesamtverband bereits 2013 die Bundesregierung auf, einen Aktionsplan aufzustellen, um den Ausbau der Schulsozialarbeit an allen Schulen mit mindestens einer unbefristeten Vollzeitstelle je 150 Schüler*innen zu sichern. Generell empfinden wir es als notwendig, dass Schulsozialarbeit gender- und diskriminierungssensibel reagiert. Das Projekt SCHLAU finden wir sehr sinnvoll und unterstützenswert. Die Notwendigkeit einer hauptamtlichen Stelle im Projekt SCHLAU sehen wir weniger dringlich und haben auch keinen kommunalen Einfluss darauf.
Inter* Sensibilisierung in der Kinderbetreuung: Die geschlechtliche Identität von Kindern ist nicht immer eindeutig. Pädagog_innen und Erzieher_innen in Kindertagesstätten erleben dies zwar im Alltag der Kinderbetreuung, jedoch sind sie im Umgang damit nicht geschult bzw. professionell sensibilisiert. Das betrifft auch die Kommunikation mit den Eltern von inter* und trans* Kindern. Wir fordern deshalb Bildungsangebote für Mitarbeitende in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, um den Bedürfnissen von inter* und trans* Kindern gerecht zu werden.
Gendersensibilität ist sowohl ein Thema für Eltern als auch für Mitarbeitende in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen und die Angestellten der Verwaltung. Gerade im Bereich des Familienzentrums sehen wir hier Entwicklungsmöglichkeiten im Hinblick auf neue Familienkonzepte. Regelmäßige gender- und diversitätssensible Fortbildungen für Angestellte der ausführenden Praxis wie auch der Verwaltung finden wir notwendig und setzen uns dafür ein. Wir begrüßen, dass dies im Bereich der Juleica bereits geschieht. Wir warten mit Spannung auf das Leitbild des Jugendamtes und werden dieses auch politisch anfragen.
LSBT*IQ Flüchtlinge: Queere Geflüchtete in Darmstadt suchen häufig Rat, weil sie in den Gemeinschaftsunterkünften mit Homo- und Transfeindlichkeit konfrontiert sind. Öffentliche Stellen im Asyl- und Ausländerwesen sind zudem oftmals nicht ausreichend geschult und zeigen wenig Verständnis für die spezifischen Bedarfe von LSBT*IQGeflüchteten. Die Arbeit für Rainbow Refugees von vielbunt braucht die Stadt als Partner auf Augenhöhe. Wir fordern eine adäquate Unterbringung für LSBT*IQFlüchtlinge und eine umfassende Sensibilisierung für alle städtischen Angestellten im Arbeitsbereich Asyl- und Ausländerwesen. Gerade im Sozialamt braucht vielbunt eine Ansprechperson, um Anliegen queerer Flüchtlinge gemeinsam bearbeiten zu können.
Wir fordern generell individuellere Lösungen für die Bedarfe von Geflüchteten. Die Verbesserung der Ausstattung des Sozialamtes ist dringend erforderlich, z.B. was Übersetzungen und Dolmetscher*innen angeht. Auch in diesem Bereich fordern wir eine regelmäßige Fortbildung wie oben bereits beschrieben. Die Situation für queere Geflüchtete ist besonders im Hinblick auf den Fluchtgrund zu beachten.
Barrierefreiheit im Queeren Zentrum: Das Queere Zentrum Darmstadt soll eine Anlaufstelle für alle queeren Menschen und ihre Anliegen sein. Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung können jedoch nicht ohne fremde Hilfe das Gebäude betreten aufgrund der Treppensituation. Ebenfalls gibt es keine Toilette, die mit einem Rollstuhl benutzt werden kann. Somit führen die räumlichen Gegebenheiten zu einer Diskriminierung und einem Ausschluss von Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Wir fordern deshalb eine erweiterte Barrierefreiheit für das Queere Zentrum, mindestens durch einen rollstuhlgerechten Zugang und eine rollstuhlgerechte Toilette, ebenfalls aber durch das Hinzufügen eines taktilen Leitsystems, induktiven Höranlagen und sonstigen Einrichtungen.
Es handelt sich um ein inklusives Thema, bei dem für alle Gruppen der Oetinger Villa eine Lösung gefunden werden muss. Es gab schon Treffen mit dem Behindertenbeauftragten der Stadt zur Umplanung. Seit zwei Jahren sind 200.000 Euro Planungsmittel für den Umbau der Oetinger Villa in den Haushalt eingestellt. Gerne haken wir als Uffbasse nach, warum es bei diesem Thema keinen Fortschritt gibt. Wir werden uns weiterhin für einen runden Tisch zwischen den Aktiven der Oetinger Villa und der Verwaltung einsetzen. Im Rahmen der Baumaßnahmen ist es erforderlich, fernab von DIN Normen eine realistische Lösung zu finden, die die Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten des Hauses für alle verbessert.
Diskriminierungsfreie Sprache: Das generische Maskulinum blendet in der deutschen Sprach Menschen, die nicht männlich sind, aus. Somit werden Menschen, die weiblich, inter* oder nichtbinär sind, nicht nur sprachlich ausgeschlossen, sondern können bei vielen Formularen auch nicht ihr Geschlecht ankreuzen. Die Stadt muss jedoch Menschen jedes Geschlechts diskriminierungsfrei entgegentreten, insbesondere nicht nur Männern und Frauen. Wir fordern, dass die Stadt grundsätzlich eine diskriminierungsfreie Sprache anwendet, die Menschen aller Geschlechter einen Zugang schafft und anspricht .
Grundsätzlich finden wir sprachliche Sensibilität wichtig, sind aber fehlerfreundlich, weil es sich um einen Prozess handelt, bei dem wir alle erst die gelernten Formulierungen „umlernen“ müssen. Einige Ämter haben mit der Umsetzung schon begonnen und wir setzen uns für die Ausweitung gendersensibler Schreibformate in der gesamten Stadtverwaltung ein.
Selbstverständnis zur Antidiskriminierung bei Städtepartnerschaften: Diskriminierung von queeren Menschen findet nicht nur in Darmstadt statt, sondern weltweit. Auch in Europa stehen einige Länder gerade vor der Situation, dass Rechte von queeren Menschen eingeschränkt werden und diese auch auf lokaler Ebene politisch diskriminiert werden. Ein Beispiel sind die sich etablierenden sogenannten “LGBT-ideologiefreien Zonen” in Polen oder die Beschneidung der Rechte von trans* Menschen in Ungarn. Wir fordern die Formulierung eines Selbstverständnisses für den Umgang mit solchen Vorfällen in Partnerstädten und eine Zusammenarbeit mit diesen für eine diskriminierungsfreie Lebenssituation von queeren Menschen.
Wir finden es wichtig, im aktiven Dialog zu bleiben und sofern Missstände auftreten, deutliche Kritik an einem solchen Vorgehen der jeweiligen Partnerstadt zu üben. Ein generelles Selbstverständnis der Stadt zu formulieren, dass definiert, welche Haltungen wir in unseren Partnerstädten erwarten, ist wichtig. Wir fordern ein solches aufgrund der sich gesellschaftlich verstärkenden reaktionären Entwicklungen auch politisch ein.