Rede von Kerstin Lau: Gebühren für Außengastronomie

Hier findet Ihr Kerstin Laus Rede zum Uffbasse-Antrag „Sondernutzungsgebühren für Außenbewirtung“ aus der Stadtverordnetenversammlung vom 11. Mai 2023. Die Rede findet Ihr auch als Video im Link am Ende des Beitrags.

Der Uffbasse-Antrag wurde zwar abgelehnt, bewegte als Beitrag in der Debatte dennoch eine politische Reaktion. So formulierte Ordnungsdezernent Paul Wandrey im Namen der regierenden Koalition eine Überprüfung der geltenten, „restriktiven“ Gebührenordnung und versprach eine Überarbeitung im Sinne einer „Liberalisierung“ zu Gunsten der Gastronomie. Es passiert also was!

Rede Kerstin Lau

Restaurants, Kneipen und Cafés sind zentrale Bestandteile des städtischen Lebens. Sie tragen einen großen Teil dazu bei, dass Darmstadt lebenswert ist und bleibt. Hier finden Begegnung und Vergemeinschaftung statt.

Zurecht hat daher auch die Wissenschaftsstadt Darmstadt während der Corona-Pandemie Maßnahmen ergriffen, die Gastronomie durch den Erlass der Gebühren für die Außenbewirtung und der Möglichkeit, die Bestuhlung im öffentlichen Raum auszuweiten, zu unterstützen.

Diese Unterstützung, die in vielen Städten weiterhin gilt, zum Beispiel in Dieburg und Mainz mit einem Erlass der Gebühren oder wie in Düsseldorf mit einer Reduzierung dieser um 50 Prozent, ist seit März 2023 in Darmstadt leider komplett weggefallen.

Und wir fragen uns wieso.

Denn es dürfte allen klar sein, dass die Gastronomie weiterhin an den Folgen der Pandemie, dem Anstieg der Energiekosten und dem Personalmangel zu leiden hat. Die Menschen haben ihr Ausgehverhalten verändert. Die Lebenshaltungskosten sind stark gestiegen. Geht man mal aus, wird statt drei Gläsern Wein nur eines getrunken… Die Gastronomien haben diesen Sommer das erste Mal seit 2020 die Möglichkeit, vielleicht, wenn der Sommer denn mitspielt, ohne Einschränkungen, die Einbußen des Lockdowns aufzuarbeiten und eine grundsätzliche Erholung einzuleiten.

Für die Gastronomie bedeutet die Außenfläche im Sommer nicht eine Zusatzeinnahme, sondern eine Verlagerung von Plätzen nach außen. Drinnen bleiben die Plätze nämlich leer, obwohl die reguläre Miete weiterläuft. Dabei sind die Außenbereiche in der Regel deutlich kleiner als die Innenbereiche – trotzdem muss zweifach gezahlt werden.

Dabei tun die Gastronomen eigentlich sogar noch was für die Stadt. Sie begrünen und bepflanzen die Fläche, halten diese sauber und sorgen für Belebung. Stellt Euch mal einen Sommer ohne Außengastronomie vor – was die Stadt an Lebensqualität verlieren würde!

Daher bitten wir in unserem Antrag darum, die Zahlung von Sondernutzungsgebühren für die Außenbewirtung für weitere zwei Jahre auszusetzten und der Darmstädter Gastronomie eine Chance zu geben, sich wirtschaftlich zu erholen.

Die Punkte 2,3 und 4 des Antrags möchte ich mal unter einem Punkt zusammenfassen: Schaffung von Transparenz. Die ist dringend nötig.

Bei unseren Recherchen mussten wir erstaunt feststellen, dass viele Betriebe gar nicht wissen, welcher Preiskategorie sie zugeordnet sind. In der Gebührenordnung ist nur eine Preisspanne genannt, eben die von 5 bis 25 Euro, aber wo welcher Preis abgerufen wird, ist nicht ersichtlich. Scheinbar hat die Verwaltung hier Ermessensspielraum oder folgt Dienstanweisungen, wir wissen es nicht. Einige Gastronomien wurden 2023 in der Lagequalität abgestuft, einige höher bewertet, aber niemand wusste, was kommt.  Wir wissen von einem Fall, der eine Verdreifachung der Gebühren erfahren hat. Wir hoffen, dass dies eine traurige Ausnahme ist.

Das Argument, die Gebühren würden ja nur für ein halbes Jahr erhoben, obwohl die Außengastronomie von Januar bis Dezember möglich wäre, ist weder besonders wertschätzend noch hilfreich für die Gaststätten. Die Außengastronomie ist streng genommen schon kein halbes Jahr nutzbar. Dieses Jahr ist der April schon ins Wasser gefallen, der Mai sieht nicht viel besser aus, dann bleiben noch Juni, Juli, August und ein paar Tage im September. Wenn‘s gut läuft und dann ist auch schon wieder Schluss …

Noch wichtiger als die komplette Befreiung von den Gebühren, ist einigen Gastronomien eine nutzergerechten Abrechnung für tatsächlich geöffnete Tage. Die aktuelle Abrechnung über einen Gesamtzeitraum „von-bis“ wird als nicht mehr zeitgemäß empfunden.

Ein passendes Abrechnungskonzept würde optimalerweise eine „stundenweise Abrechnung“, alternativ eine „tageszeitentsprechender Abrechnung“ (vormittags, mittags, abends) ermöglichen. Mindestens sollte aber eine „tageweise Abrechnung“ möglich sein, denn viele Betriebe haben gar nicht ganztägig und auch nicht täglich geöffnet, so dass die Gebühr für die Flächennutzung, unabhängig von den tatsächlichen Öffnungszeiten eine große Benachteiligung darstellt.  Dieses Vorgehen benachteiligt besonders die kleinen inhabergeführten Restaurants, Kneipen und Cafés, die unsere Stadt so vielfältig und lebenswert machen. Die großen Ketten haben sowieso längere Öffnungszeiten und ganz andere Gewinnmöglichkeiten.

Die Schaffung von Transparenz und die damit einhergehende größere Gerechtigkeit, ließe sich problemlos über eine kleine App umsetzen, und zwar für beide Seiten benutzerfreundlich. Die Gastronomien könnten ihre geplanten Öffnungstage einbuchen und direkt die aufgerufenen Gebühren einsehen. Der Abrechnungsaufwand für die Verwaltung wiederum würde sich verringern. Das wäre doch mal ein Projekt für die führende Digitalstadt Darmstadt, welches wirklich einen großen Nutzen bringen würde. Und als Sahnehäubchen könnte man sogar die Gastronomien, die wirklich hohe Einnahmen mit der Außengastronomie erzielen oder zu großen Ketten gehören, anders bewerten als die inhabergeführten Restaurants, Kneipen und Cafés.

Ich habe schon munkeln gehört, dass Ihr unseren Antrag ablehnen wollt. Das ist sehr schade und eine Enttäuschung. Gleichzeitig haben die diversen Aktivitäten immerhin bewirkt, dass Paul Wandrey am 09. Mai und auch zu Beginn dieser Sitzung ankündigte, dass eine Überarbeitung der Sondernutzungssatzung stadtintern angestoßen wird. Schauen wir mal, was dabei rauskommt. Wir sind gespannt auf das Versprechen dieser „Liberalisierung“.

Die jährlichen städtischen Einnahmen betragen 827 Mio Euro. Die Einnahmen durch die Sondernutzungsgebühren betragen 300.000 Euro. Damit haben die gesamten Sondernutzungsgebühren 0,036% der Einnahmen der Stadt. Für den einzelnen Gastronomen sind die Auswirkungen der Erhebung der Gebühren groß, für die Stadt wäre der Wegfall der Gebühren eher sehr geringfügig.

Die Rede im Livestream Archiv der Stavo findet Ihr hier (Startpunkt bei der Zeitmarke 3:52:50): https://media.video.taxi/embed/ZIamNzRW5XAU?t=13759