OB-Doppelkandidatur rechtliche Betrachtung:

  • Artikel 183 der Hessischen Verfassung lautet:
    “Die Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte als Leiter der Gemeinden oder Gemeindeverbände werden von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.”
    In der Hess. Verfassung ist also nicht eindeutig ausgeschlossen, dass es auch mehrere – nämlich “die Oberbürgermeister, Bürgermeister…” geben kann.Wenn der Gesetzgeber es gewollt hätte, dass es für eine Gemeinde, einen Landkreis u.ä. nur jeweils einen Oberbürgermeister, Bürgermeister bzw. Landrat geben sollte, hätte er eine entsprechende Formulierung eingebracht – z.B. mit folgenden Worten “Die Oberbürgermeister, ….. als der/die alleinige Leiter/in der Gemeinde …”
  • Hessische Gemeindeordnung, §39 Abs. 2 lautet hingegen eindeutig:
    “Wählbar zum Bürgermeister sind Deutsche im Sinne des Art. 116  Abs 1 des Grundgesetzes …”
    Es ist also zulässig, dass mehrere Deutsche (sind ist Mehrzahl !) für das Amt des  Bürgermeisters (zum ist Kurzform für zu einem !) gewählt werden können.
    Wäre nur jeweils genau eine Person für das Bürgermeisteramt wählbar, müsste die Formulierung lauten “Wählbar ist ein Deutscher/eine Deutsche im…”.
    Wird nicht mit dem bewußten Verzicht auf eine solche Formulierung die Wahl mehrerer Deutscher in ein Bürgermeisteramt ermöglicht
  • Hess. Gemeindeordnung § 39 ist nur bedingt anwendbar, weil diskriminierend
    z.B. Abs 1 – “Der” Bürgermeister wird von den Bürgern der Gemeinde in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.
    Dies zieht sich durch den gesamten Paragrafen – “ein Bewerber”, “einer der beiden Bewerber” usw. Alle Formulierungen stehen hier in der männlichen Form.Dies verstößt u.E. gegen das “Hess. Gesetz über die Gleichberechtigung von Männern und Frauen und zum Abbau von Diskriminierungen von Frauen in der öffentlichen Verwaltung”. Diese diskriminierende, ja gesetzeswidrige Wortwahl der HGO sollte daher keines¬falls wortwörtlich verwendet werden. Denn würde der Text (“der” Bewerber) so einschränkend interpretiert, dürften auch nur männliche Kandidaten, aber keine weiblichen Bewerberinnen zugelassen werden – das wäre geradezu absurd.
    Ebenso wenig kann aus dieser unpräzisen Formulierung abgeleitet werden, es könne nur eine einzelne Person kandidieren. Näheres dazu regelt nämlich das Hess. KWG.
  • Hess. Kommunalwahlgesetz §45, Abs (2) lautet
    “Jeder Wahlvorschlag darf nur einen Bewerber enthalten”
    womit eindeutig festlegt wird, dass auf einem Wahlvorschlag NICHT 2 männliche Bewerber stehen dürfen, aber die Kandidatur eines Bewerbers zusammen mit einer Bewerberin wird u.E. damit nicht explizit ausgeschlossen.Hätte der Gesetzgeber unmissverständlich festlegen wol¬len, dass pro Wahlvorschlag nur ein Mensch kandidieren darf, so wäre die Formulierung “Jeder Wahlvorschlag darf nur eine Person enthalten” leicht möglich gewesen.Der Verzicht darauf und die Beschränkung auf nur einen männlichen Bewerber bringt den Respekt des Gesetzgebers nach der gesetzlich vorgeschriebenen Gleichberech¬tigung von Mann und Frau zum Ausdruck, d.h. dann, wenn in einem Wahlvorschlag mehrere Personen benannt werden, sollen es nicht 2 Männer sein.
    Wenn also nicht 2 Männer als gemeinsame Bewerber zulässig sind ergibt sich unter Beachtung des Hess. Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau als weitere Konsequenz, dass es auch nicht 2 Frauen sein können.
  • Hess. Kommunalwahlgesetz §45, Abs (4) lautet
    “Ein gültiger Wahlvorschlag liegt auch dann nicht vor, wenn der Bewerber mangelhaft bezeichnet ist, so dass eine Person nicht feststeht.”
    greift aber nicht in diesem Fall, da der Bewerber Dillmann, Jörg – ebenso wie die Bewerberin Lau, Kerstin – gerade nicht so mangelhaft bezeichnet ist , dass unklar wäre um wen es sich handelt. Beide Personen des Wahlvorschlages sind für den Wähler eindeutig erkennbar.
    Auch hier die Rüge, dass nur männliche Bewerber explizit zugelassen sind.
  • Hess. Kommunalwahlgesetz (KWG), §45 – Wahlvorschläge
    Die genauen Einzelheiten etc. zur Wahl sind in dem Hess. KWG, vor allem in §45 geregelt. Dort heißt es z.B. in Abs (1)
    “Wahlvorschläge können auch von Einzelbewerbern eingereicht werden. ….”
    wesentlich ist hier das Wort “auch” – denn nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet dies eindeutig, dass Einzelbewerber eine Möglichkeit der Einreichung von  Wahlvorschlägen sind, d.h. folgerichtig gibt es auch eine andere, nämlich die Möglichkeit von Mehrzahlbewerbern bei der Einreichung von Wahlvorschlägen.
    Sprachwissenschaftler interpretieren das Wort “auch” dahingehend, dass damit eine sekundäre Präferenz benannt wird, wobei die erste darin implizierte und oftmals selbstverständliche und wichtigere Möglichkeit gar nicht mehr benannt werden muss, sondern nur noch die Abweichung von dieser Regel mit dem Wort “auch”.
    Die alltägliche Frage eines Menschen zu einem anderen “Schmeckt Dir das Essen auch ?” ist ein gutes Beispiel dafür, impliziert sie doch ganz eindeutig, dass es dem Fragenden selbst schmeckt ohne dass dies explizit ausgesprochen werden muss.

Fazit:
Wir meinen, es kann nicht der §45 Abs 2 des Hess. Kommunalwahlgesetzes allein betrachtet werden, sondern er muss im Kontext mit anderen Vorschriften und vor dem Hintergrund sich wandelnder gesellschaftlichem Verständnis gesehen werden.
Selbst bei genauer Betrachtung von §45, Abs (1) und Abs (2) des Hess. KWG und vor allem in Verbindung mit allen anderen oben angeführten Gesetzestexten wird ein Wahlvorschlag mit mehr als einem Bewerber nicht expressis verbis ausgeschlossen.
Gestützt wird unsere Einschätzung nach zusätzlich durch die oben erläuterte sprachwissenschaftliche Logik zur Bedeutung des Wortes “auch”.
Bei einem Wahlvorschlag mit mehreren Personen sind demnach nicht zwei männliche Bewerber gewollt, sondern im Sinne von Gleichberechtigung eine gemeinsame Bewerbung eines Mann und einer Frau.
Dass die Einzelbewerbung dennoch häufig praktiziert wird, läßt sich auch mit der publizistisch einfachen Reduzierung und Focus auf eine einzelne Person erklären.
Die traditionellen Parteien folgen und unterstützen auch durch ihre Wahlplakate den Trend zur Hervor¬hebung einer sog. “Führungsfigur” statt ihre politischen Inhalte und Ziele zu betonen, deren Vermittlung zwar mühevoller, aber viel wichtiger ist.

8 Kommentare

  1. Gude zusammen!

    Gut, dass ihr euch mit den relevanten Paragraphen auseinandersetzt und den Fokus dabei auf Formulierung, Wortwahl, Schreibweise, Grammatik und Deutung richtet. Eindeutig war der Gesetzgeber hier wirklich nicht. Ich hoffe sehr, dass in Sachen OB-Doppelkandidatur noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

    Allerdings sind euch sowohl in euren Kommentaren zum Gesetzestext, als auch im Fazit mehrere deftige Grammatikfehler unterlaufen. Das kommt dann in diesem Zusammenhang nicht so gut. Und das Beispiel “Schmeckt Dir das Essen auch ?” ist keines Falls ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es dem Fragenden selbst mundet. Es deutet nicht ein mal eindeutig darauf hin, dass der Fragende überhaupt am Essen teilgenommen hat. Zu guter Letzt solltet ihr noch aus der Überschrift von “OB-Kandiadatur” das zweite “a” rausnehmen.

    Besser ich geb’ hier den Oberlehrer, als wie aaner von de annern…;-)

    Meine Stimme habt ihr aber so oder so!

    Beste Grüße

    -Gorry-

  2. guude gorry,

    hihi…. das mim “a” bei kandi-dada-tour krieg ich noch hin.
    Fürn rest bin ich ned gemacht.
    Beste grüße der jörg d.
    Ich hau`s jetzt raus.

  3. Also mein Tipp wäre, dass Ihr Euch lieber auf den politischen Aspekt der Sache konzentrieren solltet, juristisch war die Entscheidung des Wahlausschusses schon okay. Sich da jetzt im Nachhinein in grammatikalische Spielereien zu verlieren, halte ich nicht für hilfreich. Versucht politisch darauf hinzuwirken, dass sich die Stadt Darmstadt zukünftig dafür einsetzt, § 45 zu ändern, dann ist diese ganze Diskussion nämlich hinlängig.

    Und was das “auch” betrifft, mit Einzelbewerber sind dort Bewerber gemeint, die allein, also ohne die Unterstützung von einer Partei oder einer Wählergruppe antreten. Dieser Unterschied geht klar aus Absatz 3 hervor. Das “auch” bezieht sich also auf Parteien/Wählergruppen.

  4. guude jörg h.,

    dein tip trifft genau unsere absichten. Der “rechtliche/grammatikalische” aspekt kann aber sehr wohl “auch” dienen.
    Denn das hier nicht “eindeutig” formuliert wurde und korrekturen fällig wären, ist zwar nur nebensächlich aber durchaus auch ein aufhänger für die dringend notwendige anpassung der bestehenden gesetze an die politisch/gesellschaftlichen veränderungen unser gesellschaft.
    Scheiße – ist der satz lang geworden :o((.
    Ich glaub aber trotzdem verständlich.
    beste grüße
    der jörg d.

  5. N’abend!
    Ich habe Eure Wortverdrehereien mit Interesse und nicht ohne Vergnügen verfolgt. Klar, bei der Interpretation von Gesetzestexten sollte man immer eine gesunde Portion Phantasie im Gepäck haben. Nur so gehts…. Nachdem es jetzt mit der Doppelspitze bei der nächsten OB-Wahl ja ganz offensichtlich nix wird, stellt sich bestimmt nicht nur für mich die Frage: und nu???
    Oder anders gefragt, welchem OB-Kandidat gibt der geneigte Wähler nun seine Stimme, wenn er die Uffbasse-Fraktion bei ihrer zukünftigen Arbeit unterstützen will? Oder noch anders gefragt:
    unterstützt Uffbasse einen der angetretenen Kandidaten?

  6. Ahoi Bernhard,

    interessante Idee den Herrn Pleines vom Echo als OB vorzuschlagen, nur um klar Schiff zu machen, der steht gar nicht zur Wahl…

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