VÖ 15.5.2007
Meine Damen und Herren, Herr Stadtverordnetenvorsteher,
Die CDU hat in der Presse schon auf einige wichtige Punkte hingewiesen, die mit dieser Vorlage einhergehen: Das bei der AG nicht vorhandene Weisungsrecht an den Vorstand, die Möglichkeit des Versteckens hinter dem Aufsichtsrat und das Betriebsgeheimnis sowie die Interessenkollision des OBs in seiner Doppelfunktion als OB und Vorstand. Das sind wichtige Punkte, in deren Kritik wir mit der CDU übereinstimmen.
Aber in dieser Vorlage steckt noch mehr Konfliktmaterial:
Zum einen ist da das führungstechnisch chaosträchtige Modell eines Vorstandsvorsitzenden, der im Streitfall von seinem Vorstandskollegen überstimmt werden kann. Managementtechnisch gesehen ist dass eine irrsinnige Konstruktion. Wie kann die Stimme des OB, der sich mit den ganzen Beteiligungen nur am Rande beschäftigen kann, im Vorstand den Ausschlag gegenüber einem Vollzeit mit dieser Thematik beschäftigten Kollegen den Ausschlag geben, quasi als allein Stimmberechtigter?
Dann ist da noch die Problematik der Fachkompetenz und des Zeitbudgets eines OB Vorstands und dessen Abhängigkeit von dem Beteiligungsbeauftragten einerseits und dem Beirat andererseits. Hat ein Oberbürgermeister eigentlich noch Zeit, sich mit den Aufgaben eines Holding Vorstands beschäftigen zu können? Wer wird die Arbeit erledigen? Erhält nicht in Wirklichkeit der Leiter des Referates Stadtwirtschaftskoordination, der dem OB die Entscheidungsfindung “vorbereitet” und außerdem in diesen Fragen kompetenter ist als er, durch den Einfluss auf den OB zuviel Macht? Der OB im Vorstand hat außerdem noch ein Problem: § 93 Aktiengesetz bedeutet, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft dem Unternehmen verpflichtet sein muss und nicht verlängerter Arm der Stadt sein kann.
Und dann gibt es da noch die undefinierte machtpotentielle Rolle des Beirats. Von Ernst und Young wurde ursprünglich vorgeschlagen, dass die ständigen Mitglieder dieses Gremiums die Vorstände der Holding, der OB, der Kämmerer und der Stadtwirtschaftskoordinator sind. Weiter heißt es: Ergänzt wird der Fachbeirat durch Vertreter der Spartenobergesellschaften auf Einladung. In der Vorlage zum Beteiligungsmanagement steht auf einmal: Der Fachbeirat, bestehend aus dem Vorstand der Holding (da ist der OB ja schon dabei), dem Stadtwirtschaftskoordinator, und die Vorstandsvorsitzenden der HSE, der Bauverein AG und ein Geschäftsführer der HEAG Mobilo GmbH.
Das heißt die Herren, die zufälligerweise überwiegend auch diejenigen sind, die zur Zeit mit im Vorstand der HEAG AG sind, haben auf einmal einen festen Sitz im Fachbeirat. Diese feste Stellung im Fachbeirat ermöglicht ihnen eine größere Einflussmöglichkeit, als ihnen in dem sie kontrollierenden Organ zustehen sollte. Besonders gefährlich wird diese Konstellation dann bei mangelnder Kompetenz des Vorstands.
Und wie soll der Aufsichtsrat, in dem die Stadt eine starke Position haben wird, denn den Vorstand kontrollieren, in dem der OB sitzt? Bezieht sich seine Kontrolle quasi nur auf den hauptamtlichen Vorstand? Wie kontrolliert ein Angestellter der Stadt Darmstadt im Prinzip seinen Chef? Was für Durchsetzungsmöglichkeiten hat er? Ein Oberbürgermeister hat in dieser Kernfunktion nichts zu suchen. Herr Hoffmann, Sie gehören an die Spitze des Aufsichtsrates und sonst nirgendwo hin.
Kommen wir zu der wohl wichtigsten Frage, die diese Vorlage aufwirft: Warum soll das Beteiligungsmanagement dieser Stadt unbedingt eine AG bleiben? In einer vielbeachteten Rede im November 2005 hat ihre Bundesjustizministerin Frau Zypries den Zusammenhang zwischen Transparenz und der Gesellschaftsform GmbH für Unternehmen der öffentlichen Hand hervorgehoben.
In dem Konzept von Ernst und Young steht: Unser Konzept sieht die Nutzung bestehender Strukturen in Form der Prozesse des Beteiligungsmanagements in der HEAG Holding vor. Dies impliziert die Auslagerung der Funktionen des Beteiligungsmanagementsˆ… und erfordert die Rechtsform der GmbH für diese.
In der Vorlage heißt es dann, dass nach intensiver Diskussion mit allen Beteiligten Abstand von der GmbH genommen wurde. Uns würde interessieren, wer hier mit wem intensiv diskutiert hat. Auf den Meetings zum Aufbau des Beteiligungsmanagements wurde diese Entscheidung jedenfalls nicht getroffen. Und mit welchen Argumenten wird sie begründet? Warum wird gerade der Kernpunkt des Konzepts nicht umgesetzt? Durch das Beteiligungsmanagement soll die zunehmende Verselbständigung der Unternehmen verhindert werden, aber gerade diese wird durch die AG geschützt. Im Grunde installiert man also ein Beteiligungsmanagement, in dem alles so bleibt, wie es war. Schlimmer noch. Das Führen der HEAG Holding als AG baut eine doppelte Sperre der Transparenz, eine doppelte Einflussbarriere gegenüber der Stadt und den Stadtverordneten auf. Ich zitiere Herrn Hoffmann (8.5. DE und FR): “Wir wollen den Unternehmen auch nicht in ihre Betriebsführung hineinregieren.”
Herr Hoffmann, das können sie auch mit einer GmbH nicht, denn die wichtigsten operierenden Töchter bleiben AGs. Das operative Geschäft der Spartengesellschaften ist geschützt und es war auch nie der Sinn des Beteiligungsmanagements, in dieses einzugreifen.
Kleine Ironie am Rande:
die HEAG mobilo und die HEAG MediaNet sowie nahezu alle Folgegesellschaften der HSE sind GmbHs. Will man als Kontrollierter verhindern, was man als Kontrollierender beansprucht?
Der Schutz der Spartengesellschaften vor politischen Eingriffen ist sinnvoll, doch wichtig ist auch die Sicherung politischen Einflusses auf das Beteiligungsmanagement selbst, um die Zielsetzung und die Kontrolle der Marktfirmen sicherzustellen und zu überprüfen. Wir brauchen eine GmbH als Steuer- und Kontrollorgan der Stadt, wenn das Beteiligungsmanagement das einhalten soll, was uns versprochen und vom RP gefordert wurde: mehr Transparenz.
Uns so bleibt ein merkwürdiger Beigeschmack, wenn als Haupt-Argument für die AG in der Presse zu lesen ist, ich zitiere noch einmal Herrn Hofmann (am 8.5. DE und FR): “Die Verwerfung des dringenden Rates von Ernst and Young auf GmbH Umwandlung sei trotz deutlich besserer Eingriffsmöglichkeiten nicht erfolgt, um nicht gleich eine 180-Grad Kehre zu machen” Wollen wir jetzt was ändern, ja oder nein?
Der letzte Satz zeigt vielleicht am deutlichsten, wie man die Stadtverordnetenversammlung in dieser Konstruktion sieht: Dort steht unter römisch III: Die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung ist herbeizuführen. Sie können unsere Zustimmung nicht herbeiführen, sie können uns um unsere Zustimmung bitten oder eine Entscheidung herbeiführen.
Wir lehnen diese Vorlage ab.