Jürgen: Abschied und Willkommen

Am 1. Oktober 2012 lege ich mein Mandat im Stadtparlament Darmstadt nieder.
Die Begründung fällt mir nicht schwer.

Seit 1985 bin ich – mit Unterbrechung – lockere 27 Jahre im Parlament dieser Stadt. Und in meinem 75. Lebensjahr darf ich dieses schwere Amt von meinen schmächtigen Schultern nehmen.

Trotz dieser vielen Jahre fühle ich mich nicht müde. Vielmehr bin ich zu der Überzeugung gekommen, mich frei zu machen für andere Dinge.

Runde 30 Jahre habe ich mich in den Dienst legaler Institutionen gestellt – sozusagen in den langen Marsch durch die Institutionen.
Das soll fürs erste genug sein.

Mein schönstes Erlebnis in dieser Zeit war zweifellos, die Verlegung des Drogenzentrums Scentral ans Naherholungsgebiet Böllenfalltor zu verhindern. Die Grünen haben mich dafür aus der Partei geschmissen, Jörg Dillmann aber hat dazu gesagt: „ Komm zu uffbasse, Du bist viel zu schad für die Grünen.“

In der neuen Lebensphase bedroht mich kein Arbeitgeber, die Kinder sind aus dem Haus, die kleine Rente bewahrt mich vor der Armut – das macht mir neuen Mut für Ungehorsam und Unbequemlichkeit, für Aufsässigkeit und Maulaufmachen.
Kurz: Ein bisschen Lust auf Illegales.

Ich werde weiter bei uffbasse mitmachen. Ich organisiere Veranstaltungen und Projekte, damit uffbasse auch personell größer wird. Das Amigelände und die Amiwohnungen müssen nach 4 Jahren Leerstand wieder nutzbar werden – notfalls durch die Besetzung.
Darmstadt darf nicht die Stadt der Reichen und Schönen werden. Wir stehen für die Kleinen und die Jungen. Wir stehen für die mit weniger Kohle aber klaren Verstand.

Persönlich werde ich wandern und fahrradfahren (Fahrrad hinten im Auto). Gern werde ich mich hinsetzen und etwas schreiben: die Besetzung des Hotels Traube, die Aktionen der Studentenbewegung in Darmstadt, der Merck Streik von 1971, Kriegsforschung und Imperialsmus an der TU Darmstadt, der Zentralrat der Lehrer an der TU…

Am Schluß aber ist mir wichtig : Wenn 2 Altgediente wie Jörg Dillmann und ich am 1. Oktober 2012 gehen, stehen 2 tatkräftige Punks hinter uns :

Sebastian Schmitt und Markus Hintzen. Ich freue mich, dass die beiden unser Gehen leicht machen unter unserem Motto :

“Uffbasse, Uffmucke – Grad´ stehn und net ducke”

Jürgen Barth

6 Kommentare

  1. Lieber Jürgen, lieber Jörg,

    Eure Entscheidung deutete sich ja an – aber es ist trotzdem traurig, sie jetzt “weiß auf schwarz” zu lesen. Uffbasse, das habe ich inzwischen auch gelernt, ist ja vor allem eine Parlamentsfraktion.
    Wenn dann zwei “Charismatische” sich aus der Stadtratsarbeit zurückziehen, ist das besonders schmerzlich, auch wenn Euer Schritt nach langen Jahren persönlich nachvollziehbar ist. Für die lokale politische Öffentlichkeit – und für Uffbasse selbst – ist Euer Schritt auf jeden Fall ein herber Verlust!

    Großen Dank habt Ihr aber wirklich verdient. Aus der vierten Reihe wünsche ich Euch alles Gute für das künftige Wirken in Reihe Zwo!

    Ludger

  2. Jürgen, großen Dank an Dich für den gelebten Beweis, dass der Aufrechte Gang auch in der Politik möglich und dieser sogar mit Humor zu bewältigen ist! Zum “Abschied” ein kleines Ständchen, auch wenn ich stark vermute, dass du “damals” eher der Stones-Fraktion zugehörig warst! http://www.youtube.com/watch?v=T0NuHRMFOiA

    Gruß Gorry

  3. lieber jürgen,
    lieber jörg,
    danke für eure tollen worte zum abschied!!!
    nach 1,5 jahren erfahrung mit dem “geschäft” kann ich euch verstehen. machts gut ihr zwei, ich werd euch vermissen… aber ich hoffe doch nur in der stavo und nicht in der freien wildbahn der darmstädter politik – ich hoffe ihr blebt uns als apo erhalten, es wäre ein herber verlust wenn nicht!
    in diesem sinne, bleibt dabei, man sieht sich und darauf freu ich mich!!!
    martina.

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