Antrag: Beendigung der Bewirtschaftung des Darmstädter Stadtwaldes durch Hessen Forst

Antrag für die Stadtverordnetenversammlung am 10. Februar 2022.

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, der Magistrat wird aufgefordert,

  • die Bewirtschaftung des Darmstädter Stadtwaldes durch Hessen Forst zu beenden.
  • Die Bewirtschaftung des stadteigenen Forsts soll künftig nach Möglichkeit wieder in kommunaler Selbstbestimmung realisiert werden.
  • Alternativ zu Punkt 2 sollte eine Prüfung des Beitritts zur Forstbetriebsgemeinschaft Rhein-Main (FBG) vorgenommen werden, in der mehrere benachbarte Kommunen organisiert sind, um eine Unterstützung bei der fachlich angemessene Pflege und Bewirtschaftung des Darmstädter Stadtwaldes zu gewährleisten.

 

Begründung: 

Knapp 2.000 Hektar Darmstädter Stadtwald werden derzeit im Auftrag unserer Kommune von Hessen Forst bewirtschaftet. Das Vertrauen in den Landesbetrieb ist nach dem Skandal um die Fällungen am Waldkunstpfad jedoch radikal erschüttert. Für eine weitere Zusammenarbeit fehlt jede Grundlage.

Im Konflikt um die geplante Fällung von zeitweise bis zu 160 Bäumen am Waldkunstpfad (Staatswald des Landes Hessen) verspielte Hessen Forst jede Glaubwürdigkeit. Gegen den massiven Einschlag formierte sich in Darmstadt sowohl in Zivilgesellschaft als auch Politik deutlicher Widerstand – Oberbürgermeister Jochen Partsch war mit dem Vorhaben des Landesbetriebes „keineswegs einverstanden“.

Nach Krisengesprächen mit kommunalen Akteuren verkündeten Hessen Forst und das Hessische Umweltministerium einen vermeintlichen Kompromiss und versprachen eine deutliche Reduzierung der Fällungen. Nach Abklang des Protestes offenbarten sich diese Zusagen jedoch als falsche Versprechungen und bewusste Täuschung der Darmstädter Öffentlichkeit durch den Landesbetrieb.

Die unermesslich wertvollen Waldflächen unserer Kommune dürfen wir nicht in die Hände von Institutionen legen, die belügen und die Interessen der Bürger:innen ignorieren! Für die Pflege und Bewirtschaftung des Darmstädter Stadtwaldes gilt es nun schnellstmöglich Alternativen zu entwickeln. Dabei eröffnen sich womöglich sogar Szenarien mit Potenzial einer demokratischeren Waldbewirtschaftung.

Kommunale Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten der Waldbewirtschaftung stärkt beispielsweise die Forstbetriebsgemeinschaft Rhein-Main (FBG). In dieser organisieren sich mittlerweile acht benachbarte Kommunen (Bischohfsheim, Riedstadt, Flörsheim, Trebur, Rüsselsheim, Raunheim, Kelsterbach und Groß-Gerau) sowie 41 private Waldbesitzer:innen. Die FBG gibt individuellen Präferenzen der jeweiligen Mitglieder zur Bewirtschaftung ihrer Waldflächen angemessen Raum und ermöglicht eine demokratischere Gestaltung der Waldbewirtschaftung, da diese direkt in kommunalen Kompetenzen wurzelt.

Wir bitten um wohlwollende Prüfung unseres Antrags.

Vielen Dank.

Kerstin Lau, Marc Arnold, Sebastian Schmitt, Carmen Stockert, Till Mootz

 

Rede von Kerstin Lau zum Antrag:

Knapp 2.000 Hektar Darmstädter Stadtwald werden derzeit von Hessen Forst bewirtschaftet. Das Vertrauen in den Landesbetrieb ist nach dem Vorgehen um die Fällungen am Waldkunstpfad jedoch erschüttert.

Nach dem Konflikt um die geplante Fällung von zeitweise bis zu 160 Bäumen am Waldkunstpfad (Staatswald des Landes Hessen) verspielte Hessen Forst unseres Erachtens jede Glaubwürdigkeit. Der zuständige Forstamtsleiter Hartmut Müller offenbarte Anfang Oktober, dass mitnichten nur kranke und einsturzgefährdete Buchen gefällt werden sollten. Um Profite im Holzhandel zu erwirtschaften, seien auch sogenannte „vorrausschauende Fällungen“ Teil der Maßnahmen.

Gegen den massiven Einschlag formierte sich in Darmstadt sowohl in Zivilgesellschaft als auch von Seiten der Politik deutlicher Widerstand – so war auch Oberbürgermeister Jochen Partsch mit dem Vorhaben des Landesbetriebes „keineswegs einverstanden“.

Der vereinbarte Kompromiss, der eine deutliche Reduzierung der Fällungen versprach, wurde nicht eingehalten. Mittlerweile formuliert Hessen Forst deutlich, dass alle 160 Buchen wie geplant gefällt werden sollen, nur über einen größeren Zeitraum hinweg. Dabei sind es gerade die alten Buchen, die den Dürresommern besonders gut standhalten.

Es ist unklar, ob es sich damals um Missverständnisse oder falsche Versprechungen handelte, aber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sieht anders aus. Unser wertvoller Wald sollte nicht von einer Behörde bewirtschaftet werden, die so agiert.

Der Wald ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil beim Kampf gegen den Klimawandel. Er hat auch eine bedeutsame Erholungsfunktion für die Bevölkerung.

Der Landesbetrieb mag Profis beschäftigen, aber ihr Bild von Waldbewirtschaftung ist nicht mehr zeitgemäß. Besonders alte Bäume mögen auf dem Weltmarkt große Profite versprechen, dennoch dürfen wir solchen Fällungen zur Stillung des Holzhungers nicht einfach nachgeben.

Optimalerweise würde die Bewirtschaftung oder vielmehr „Nicht-Bewirtschaftung“ des stadteigenen Forsts unseres Erachtens wieder in kommunaler Selbstbestimmung realisiert werden.

Sollte die Stadt aber eine Unterstützung bei der Pflege und der Bewirtschaftung des Darmstädter Stadtwaldes wünschen, finden wir eine Prüfung des Beitritts zur Forstbetriebsgemeinschaft Rhein-Main (FBG) lohnenswert. Hier sind mehrere benachbarte Kommunen organisiert, darunter Bischofsheim, Riedstadt, Flörsheim, Trebur, Rüsselsheim, Raunheim, Kelsterbach und Groß-Gerau sowie 41 private Waldbesitzer:innen.

In der FBG kann jede Kommune frei wählen, wie sie ihren Wald bewirtschaftet haben möchte. Man kann den Wald kommerziell bewirtschaften, bestimmte Baumsorten aus der Nutzung herausnehmen oder den Schwerpunkt auf Naturschutz oder auf die Erholungsfunktion legen. Jede beteiligte Kommune erhält einen Sitz im Vorstand der FBG und bestimmt ihren Kurs selbst.

Lasst uns die Geschicke unsers Waldes wieder selbst in die Hand nehmen, denn wir wissen am besten, wie wichtig der Wald für Darmstadt ist.

 

Ein Kommentar

  1. Klare Aussage.
    Nur die Behörden Arroganz von Hessenforst und das Schweigen der GRÜNEN Umweltministerin lassen wenig Hoffnung.

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