Ablehnung der Grün-Schwarzen Vorlage zur Digitalisierung der Schulen

In der vergangenen Darmstädter Stadtverordnetenversammlung vom 01. September 2020 stimmten wir gegen die von der Koalition eingereichte Vorlage „Digitalisierung der schulischen Bildung; Medienentwicklungsplan/DigitalPakt“ und übten deutliche Kritik an dieser.

Die grundsätzliche Dringlichkeit unter den Zeichen der Digitalisierung, Schulen mit einer soliden IT-Infrastruktur zu versorgen sowie Schüler*innen die Teilhabe an digitalem Unterricht zu ermöglichen, hat sich in der Corona-Pandemie massiv zugespitzt.

Die Lockdown-Maßnahmen haben das Bildungswesen erschüttert und gravierende Mängel offenbart. Damit diese sich nicht verschärfen, die Qualität von Bildung und Unterricht sichergestellt wird und Chancenungleichheiten innerhalb der Schülerschaft durch „Homeschooling“ nicht verstärkt werden, ist entschlossenes Handeln gefordert. Bereits Ende Juni stellten wir daher den Antrag „Digitalisierungsinitiative zur Chancengleichheit beim Homeschooling“ in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung und forderten entschiedenes, umfassendes Handeln. Mit dem Verweis auf den jetzt verabschiedeten „DigitalPakt“ wurde dieser damals abgelehnt.

Eine Vorlage, die wir daher mit Spannung erwartet haben – und die nun dem akuten Bedarf leider in keiner Weise gerecht wird.

Derzeit zeigen sich zwei Handlungsstränge der Stadt. Der eine betrifft „besonders bedürftige Kinder“ und greift Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zurück, der andere Strang setzt bei der Digitalisierung der Schulen insgesamt an. Wir hätten gerne die Zusammenlegung beider Handlungsstränge in einen großen, mutigen Schritt zur Ausstattung mit Endgeräten für alle Schüler*innen gesehen.

Strang 1: Eine Abfrage des Schulamtes bei den Schulen, die noch vor den Sommerferien durchgeführt wurde, zum IT-Bedarf besonders bedürftiger Schüler*innen, ergab einen Bedarf der Schulen von 4.000 Endgeräten. Um diesen Bedarf zu decken, plant das Schulamt bis zu den Herbstferien 2.000 Laptops innerhalb dieser Gruppe zu verteilen.  Wie geht die Stadt mit der Differenz um? Im Schluausschuss wurde zu der Differenz festgestellt, diese sei nicht real, einige Schulen hätten versucht, mehr Endgeräte als benötigt zu ergattern.

Strang 2: Zusätzlich soll, so die Koalition, nun über den verabschiedenden „DigitalPakt“ die Digitalisierung der Schulen und des Unterrichts vorangetrieben werden. Teil der Maßnahmen sind die Bereitstellung von Funknetzen und weitere Infrastrukturmaßnahmen in den Schulen. Projektzeitraum: vier Jahre. Am Ende des Projektes, Ende 2024, soll dann, wenn alles gelingt, ein Verhältnis von drei bis fünf von Schüler*in pro Endgerät, je nach Schulform, verwirklicht sein.

Der weitere Bedarf soll über private Endgeräte gedeckt werden – dabei offenbarte sich bereits im aktuellen Wegfall des Präsenzunterrichtes der Mangel an privater technischer Ausstattung als gewichtiges Problem. Weiterhin wird in der Vorlage nicht definiert, welche Endgeräte man als unterrichtstauglich erachtet. Sind gute Mobiltelefone oder Tabletts schon ausreichend, wenn es darum geht, unter Umständen Vollzeitunterricht darüber durchführen zu müssen? Ganz unabhängig der individuellen sozioökonomischen Situation wird eine Planung unter Inanspruchnahme privater Hardware für ein gesamtschulisches Konzept zur Digitalisierung dem Recht der Kinder auf Bildung und der Lehrmittelfreiheit nicht gerecht.

Inmitten einer Pandemie – die überdies in dem Papier überhaupt keine Erwähnung findet – präsentiert sich damit ein kraft- und mutloser Versuch, der über einen viel zu langen Projektzeitraum nicht mal eine minimale Infrastruktur für Schüler*innen bereitstellt.

Das Recht auf Bildung der 25.000 Darmstädter Schüler*innen scheint weiterhin keine Priorität zu genießen. Wir fordern, dass für jedes Kinds zum Schuljahresbeginn ein adäquates, mobiles Endgerät zur Verfügung gestellt wird. Mobile Endgeräte gehören zur Lehrmittelfreiheit wie ein Mathebuch.

Schulen müssen den Anforderungen einer digitalen Welt gerecht werden. Zusätzlich müssen unmittelbar und kurzfristig die Herausforderungen der Pandemie in Angriff genommen werden. Wie lange der erst wieder aufgenommene Präsenzunterricht aufrechterhalten werden kann ist unklar. Ebenso unklar ist die Perspektive der Unterrichtsgestaltung unter Covid-19. Wann und ob ein Impfstoff zur Verfügung steht, ist ebenfalls weiterhin offen. Antworten zum Umgang hiermit liefert die Koalition nicht.

So verweisen wir nochmals auf unseren Antrag aus dem Juni, der die Sicherstellung einer umfassenden digitalen Grundversorgung der Schüler*innen formuliert. Was viele Firmen innerhalb kürzester Zeit während des Lockdowns bewältigt haben, nämlich die Ausstattung ihrer Mitarbeiter*innen mit digitalen Endgeräten, muss auch für unsere Kinder möglich sein. Die Digitalisierung, der gesundheitliche Schutz, die Lehrmittelfreiheit und das Recht auf Bildung sind als ein großes Gesamtpaket zu betrachten, dass jetzt mit höchster Priorität innerhalb kürzester Zeit umgesetzt werden muss.

 

 

Foto: Pexels Tirachard Kumtanom