Antrag: Gedenken und Erinnerung an Ali Bayram

Diesen Uffbasse-Antrag brachten wir in der Stadtverordnetenversammlung am 19. Dezember 2023 ein.

Vor knapp 30 Jahren wurde der Darmstädter Ali Bayram Opfer rechter Gewalt. Die Erinnerung daran ist in unserer Stadt weitestgehend verblasst. Mit diesem Uffbasse-Antrag wollten wir das ändern, suchten Kontakt zu den Hinterblieben und arbeiteten in Rücksprache mit diesen die Vorlage aus.

Wir sind zutiefst dankbar und erfreut, dass die Darmstädter Stadtverordnetenversammlung nach sehr respektvollen und empathischen Redebeiträgen einstimmig unserem Antrag zugestimmt hat, dafür Sorge zu tragen, dass der Mord an Ali Bayram nicht in Vergessenheit gerät.

Es wird, sobald es zu neuen Bennungen kommt, eine Ali Bayram Straße oder einen Platz geben. Ferner wird unterhalb des Straßenschildes im Schiebelhuthweg eine Erinnerung an das Leben und den Tod von Ali Bayram angebracht und ein Ort für eine Gedenktafel gesucht.

Am 18.02.2024 wird es eine Gedenkveranstaltung an den Ermordeten unter Einbezug der Familie Bayram geben.

Wir können die Gewalttat an Ali Bayram leider nicht ungeschehen machen. Wir können auch der Familie den Schmerz nicht nehmen.

Aber wir als Stadt, als Zivilgesellschaft können dafür sorgen, dass Ali Bayram ein würdiges und angemessenes Gedenken erfährt und das der Mord an ihm, aber auch er selbst als Mensch, nicht vergessen wird.

Antrag:

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, der Magistrat wird gebeten,

  • einen Ort des Gedenkens für das Erinnern an Ali Bayram als Opfer rechter Gewalt in Darmstadt zu schaffen. Zum Beispiel könnte eine Straße nach Ali Bayram benannt werden, oder es könnte ein Platz eingerichtet werden. Dem Mord könnte auch in Form einer Gedenktafel am Haus der Familie oder mit einer Stehle vor dem Haus der Familie gedacht werden.
  • zum 30. Todestag am 18. Februar 2024 eine Gedenkveranstaltung in Erinnerung an Ali Bayram auszurichten.
  • Die Familie ist bei der Planung und Durchführung der Gedenkveranstaltung mit einzubinden.

Begründung:

Am 18. Februar 1994 wurde der Darmstädter Ali Bayram vor den Augen seiner Tochter Asli Bayram im Flur seiner Wohnung im Schiebelhuthweg erschossen. Die tödlichen Schüsse gab ein 29 Jahre alter Nachbar ab. Ali Bayram starb sofort, eine Kugel verletzte die zwölfjährige Asli Bayram am Arm.

Zeugen berichteten vor Gericht, dass der Tat mörderische, rassistische Drohungen vorausgingen. So wurde die türkischstämmige Familie des 50-jährigen Bayram vom Täter als „Türkenpack“ beschimpft und auch bedroht: „Ihr Scheiß Türken, geht in euer Land zurück. Ich bring’ euch noch um.“

In der Urteilsverkündung verneinte das Landgericht Darmstadt dennoch eine rassistische oder rechtsextreme Motivation des Täters. Im psychiatrischen Gutachten gibt der verurteilte Täter nur an, er habe „ein Bedürfnis gehabt, denen zu zeigen, dass sie sich nicht alles erlauben können.“ Das Urteil: Neun Jahre wegen Totschlags.

Die große Diskrepanz zwischen der Zählung von Todesopfern rechter Gewalt von staatlichen Behörden und von unabhängigen Organisationen ist seit vielen Jahren bekannt. So listet die Bundesregierung nur 113 Tötungsdelikte seit 1990. Für denselben Zeitraum zählt die Amadeu Antonio Stiftung 219 Todesopfer von rechts motivierten Gewalttaten.

Dass der Darmstädter Ali Bayram in dieser Dunkelziffer verschwindet, darf nicht sein.

Der Mord an Ali Bayram wurde von den Vereinten Nationen offiziell als Gewalttat mit rechtsextremer Motivation eingestuft. So heißt es in einem Schreiben der Vereinten Nationen vom 19.01.1995:

Ali Bayram, a 50-year-old man of Turkish origin who had been in Germany for 20 years and who was known as a very friendly and soft-spoken person, was shot by Reiner G., his German neighbour, who claimed that there was too much noise in the apartment. Reiner G. rang the doorbell of the Bayram family home at around 8 p.m. and fired six shots at Ali Bayram and his 12-year-old daughter Asli Bayram. Ali Bayram died and the daughter was severely injured. The victim’s wife, Lütfifye Bayram, said that there had been a clear change in the landlord’s attitude towards her family after the racially motivated Mölln arson incident in which three persons had lost their lives. She also said that they called the police immediately, but later found the phone had been disconnected, and that the police arrived at the scene some 10 minutes later. It is alleged that the shooting was a purely racist attack and that the police are intentionally portraying the incident as a mere dispute between neighbours, thus trying to cover up the real underlying factor (United Nations, Economic and Social Council, 1995_78, Seite 7).

Kurz nach der Tat verließ die Familie Bayram Darmstadt.

Wenn sich Anfang 2024 die Tat zum 30. Mal jährt, ist die Erinnerung an die rechte Gewalt in unserer Stadtöffentlichkeit nahezu verblasst. Dies darf nicht passieren.

Wir bitten daher um Zustimmung für ein würdiges und angemessenes Gedenken und Erinnern an Ali Bayram und die Familie Bayram als Opfer rechter Gewalt in Darmstadt.

Wir bitten um wohlwollende Prüfung unseres Antrags. Vielen Dank.

Kerstin Lau, Marc Arnold, Sebastian Schmitt, Carmen Stockert, Till Mootz

 

Foto von Toa Heftiba auf Unsplash

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