Warum Uffbasse kein Kunstdepot für 15 Mio. Baukosten in Darmstadt unterstützt – Ergänzungsantrag zu MV 2020/0370 – Neubau Kunstdepot

Yoko Ono - Evaporates

Von Kerstin Lau

Eine Kunstsammlung macht nur Sinn, wenn die Kunstgegenstände öffentlich gezeigt werden und nicht in irgendeinem Depot verschwinden. Die Bürger*innen bezahlen für diese Kunstsammlung, also haben sie auch das Recht, die Bilder zu sehen. Auch die Künstler*innen selbst haben die Bilder und Kunstgegenstände bestimmt nicht zur Aufbewahrung in einem Kunstdepot geschaffen. Deshalb sollen die verbleibenden Bilder in allen städtisch genutzten Gebäuden egal ob im Eigentum oder angemietet (Verwaltung, Darmstadtium, Galerien, Museen,Tochtergesellschaften der Stadt etc) aufgehängt bzw. ausgestellt werden. Weiterhin sind die Bilder auch Hotels und Unternehmen anzubieten. Diese nutzen häufig das Mieten bzw. Leasing von Kunstgegenständen, um eine Abwechslung in ihre Innengestaltung zu kriegen.

So würde aus der bislang ausschließlich kostenintensiven Kunstsammlung tatsächlich eine Bereicherung für die Bevölkerung. Und Darmstadt würde vielleicht wieder ein bisschen mehr zur „Stadt der Künste“.

Statt dessen plant die Stadt den Bau eines 15 Millionen teuren Kunstdepots.

Aber was ist denn eigentlich diese Kunstsammlung der Stadt Darmstadt? Sie besteht aus ca. 30.000 gesammelten Gemälden und Gegenständen von jungen und aufstrebenden Kunstschaffenden aus Darmstadt und der Region und vor allem aber auch aus Schenkungen, bei denen die Hinterbliebenen nicht so genau wussten, was sie mit den mehr oder weniger wertvollen Kunstgegenständen ihrer Lieben anfangen sollen.

Der ideelle und künstlerische Wert der Kunstsammlung ist unklar, ihr materieller Wert wird auf ca. 4 Mio Euro geschätzt. Allerdings gibt über den Wert keine Gutachten, weil die Beauftragung eines solchen Gutachtens lt. Aussage des Magistrats zu teuer wäre.

Die Lagerkosten für die Kunstsammlung sind aktuell sehr hoch, doch weder die derzeitigen Lagerkosten für die Kunstsammlung noch die künftigen sind in der Vorlage benannt. Kalkuliert wird mit einer Jahresmiete von ca. 900.000 Euro, d.h.  bei einer Anmietung würden die kumulierten Mietzahlungen nach 17 Jahren die geschätzten Kosten für den Bau übersteigen. Deshalb möchte die Stadt das Kunstdepot für 15 Mio Euro bauen. Allerdings sind die Folgekosten des Kunstdepots nicht kalkuliert.

Die bisherigen der Lagerung und geplanten Kosten für das Kunstdepot zeigen, dass die öffentliche Hand die Folgekosten dieser Schenkungen nicht tragen kann. Zukünftige Schenkungen sollten deshalb unserer Meinung nach nur angenommen werden, wenn der Wert des Bildes durch ein Gutachten erkennbar ist oder es von lokaler oder regionaler Bedeutung ist.

Die Folgekosten der Schenkungen dürfen die öffentliche Hand nicht über Gebühr belasten, sondern es müssen andere Lösungen gefunden werden. Deshalb ist ein Gremium aus Darmstädter Kunstverständigen einzurichten, die eine kritische Betrachtung der aktuellen Kunstsammlung vornehmen und das weitere Vorgehen (Ausstellung, Lagerung, Verkaufen, Verschenken…) für jedes einzelne Bild klären.

Insgesamt sollen die Kosten der Lagerung der städt. Kunstsammlung zukünftig durch Erlöse gedeckt werden, die mit der Kunstsammlung, z.B. durch Ausleihgebühren, Eintrittsgelder oder Verkäufe, erwirtschaftet werden. Das gilt insbesondere auch für die Finanzierungskosten für den Bau des Kunstdepots, sofern dieses nach Sichtung der Sammlung noch nötig sein sollte sowie die laufenden Betriebskosten.

 

Deshalb stellen wir folgenden Antrag für die Stadtverordnetenversammlung am 11.2.2021:

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, den Beschlussvorschlag MV 2020/0370 – Neubau Kunstdepot um folgende Punkte zu ergänzen:

6. in allen städtisch genutzten Gebäuden egal ob im Eigentum oder angemietet (also Schulen, Verwaltung etc.) sollen Kunstwerke aus der städtischen Kunstsammlung aufgehängt bzw.  ausgestellt werden. Städtischen Tochtergesellschaften sollen sie ebenfalls angeboten werden.

7. die Kosten der Lagerung der städt. Kunstsammlung müssen durch Erlöse gedeckt werden, die mit der Kunstsammlung erwirtschaftet werden. Das gilt insbesondere für die Finanzierungskosten für den Bau sowie die laufenden Betriebskosten.

8. Folgende Möglichkeiten des Erlös sind zu nutzen:

  1.  Ausleihgebühren  für Ausstellungen außerhalb Darmstadts,
  2. Einnahmen durch Eintrittsgelder zu Ausstellungen in Darmstadt
  3. Kooperation mit einem Kunsthändler, der darauf spezialisiert ist, Kunstgegen­stände zu vermieten
  4. Veräußerung von Kunstgegenständen nur, wenn Maßnahmen 1/2/3 nicht ausreichend Erlöse erbringen.

Begründung

Einer von mehreren Beweggründen zur Sammlung von Kunstgegenständen mit öffentlichen Mitteln ist es, solche Werke zu erhalten, die historisch lokal oder auch regional kulturell wertvoll sind.

Ein anderer Grund ist die Förderung von jungen und aufstrebenden Kunstschaffenden vor Ort. Dieser Aspekt legt es nahe, Kunstgegenstände einer Sammlung zu veräußern um weitere „neue“ Künstler*innen zu unterstützen.

Das alles macht nur Sinn wenn dieses Kunstgegenstände auch öffentlich gezeigt werden.

Die städtische Sammlung hat ca. 15.000 Kunstwerke, also Gemälde und Gegenstände. Der weit überwiegende Teil dieser Sammlung ist nicht öffentlich zu sehen. Ihr ideeller und künstlerischer Wert ist unklar, ihr materieller Wert ebenso.

Zu Punkt 8.3 – Hotels und Unternehmen z.B. nutzen das Mieten bzw. Leasing von Kunstgegenständen um eine Abwechslung in ihre Innengestaltung zu kriegen.

Weitere Begründung erfolgt mündlich

 

Fraktion Uffbasse
Kerstin Lau, Marc Arnold, Stefan Fuchs, Sebastian Schmitt

 

Foto: Carsten Buchholz mit Kunst von Yoko Ono.

2 Kommentare

  1. Liebe Fraktion von Uffbasse,

    da bin ich ausnahmsweise einmal gar nicht bei euch.
    .
    Im Gegenteil: Ich erachte eure Forderungen zum Umgang mit der Kunstsammlung der Stadt Darmstadt für erschreckend naiv und bar jeglicher Professionalität. Was ihr euch hier zusammenfantasiert ist, gelinde gesagt, grober Unfug.

    Gleichzeitig offenbart ihr eine ziemlich arrogante Geringschätzung gegenüber allen Kulturschaffenden wie zum Beispiel Kuratorinnen, Kunsthistorikerinnen, Restauratorinnen, etc. – eigentlich gegenüber der gesamten Bildenden Kunst und in der Beliebigkeit eurer Vorschläge auch gegenüber den Künstlerinnen selbst.

    Es scheint für euch keinen Unterschied zu machen, ob die Sammlung 15.000 oder 30.000 Werke umfasst (widersprüchlicher Weise werden beide Zahlen in eurer Stellungnahme genannt).

    Ihr ignoriert komplett die Tatsache, dass die meisten Kunstwerke ein streng bestimmtes Raumklima benötigen, um sie vor dem Verfall zu schützen. Grafische Arbeiten auf Papier zum Beispiel können deshalb prinzipiell nur kurzfristig (wenige Wochen) präsentiert werden.

    Folgt man gedanklich euren “Ideen” bedeutet das:

    Es müssten mindestens 15.000 einzelne Versicherungsverträge gegen Diebstahl, Feuer, Wasserschäden, Vandalismus etc. abgeschlossen werden.

    Es müssten mindestens 15.000 Möglichkeiten / Räumlichkeiten gefunden werden, um die Werke ordentlich präsentieren zu können.

    Es müssten mindestens 15.000 einzelne Verträge mit potenziellen Leihnehmern geprüft und geschlossen werden.

    Selbstverständlich wäre eine Expertise über die gesamte Sammlung, so sie denn auch seriös sein soll, extrem teuer. Über jedes einzelne der mindestens 15.000 Werke müsste dann nämlich ein Wertgutachten erstellt werden.

    Ihr suggeriert, dass die Stadt bisher alle Schenkungen, unabhängig von der zu Grunde liegenden Qualität, angenommen hat bzw. annehmen musste. Das ist aber nicht der Fall! Es wird sehr wohl schon jetzt geprüft, ob eine Schenkung würdig ist, in die Kunstsammlung der Stadt aufgenommen zu werden.

    Ihr suggeriert außerdem, die Stadt könnte Teile ihrer Sammlung zur Finanzierung eurer Forderungen veräußern. Das ist der Stadt Darmstadt aber verboten! Aus gutem Grund darf die Stadt seit dem Ende der NS-Herrschaft keinen Handel mit Werken aus ihren Besitz betreiben. Das solltet ihr eigentlich wissen.

    Außerdem ist es seit Jahrzehnten bereits durchaus üblich, einzelne Werke der Sammlung als Leihgabe in städtischen Institutionen zu präsentieren. Hier rennt ihr also mit eurer Forderung offene Türen ein.

    Schlussendlich ist eure Forderung, die Kunstsammlung der Stadt Darmstadt müsse kostendeckend, gar gewinnorientiert, gepflegt werden, völlig absurd und geht an jeglicher Realität genauso vorbei, wie die “Pauschalisierung nach Fallzahlen” im Gesundheitswesen.

    Alla Gude,

    Gorry

  2. Hallo Gorry Gunschmann,
    Wer will denn soviel Geld für soviel Kunst ausgeben?
    Ich finde das Atemberaubend. Mal ganz schlicht: Ich heb´ja auch viel auf. Aber von Zeit zu Zeit muss ich eben doch ausmisten. Einfach nicht genug Platz im Keller.
    Ich könnte jetzt auch einen Anbau hochziehn um mehr Lager zu haben. Ist aber zu teuer und die Nachbarn vom Bauvereins-Wohnblock fändens wohl auch irgendwie komisch.
    Also bleib´ich vernünftig und es wird immer wieder ausssortiert: Schätzchen werden von Schätzen getrennt, manches wird weggeschmissen, Anderes weiter gegeben, woanders genutzt und geliebt. Nur die wahren Schätze können bleiben. Kommen in eine besondere Box, wo ihnen der Zahn der Zeit nix tut…
    Möchten Sie mein Vorgehen als naiv und unrealistisch bewerten?
    UFFBASSE hat meiner Ansicht nach hier einen Vernünftigen und gemeinwohlorientierten Plan entwickelt!
    Sie bewerten die Ideen auf Grundlage der bestehenden Rechtslage. Dann ist es meiner Meinung nach wohl notwendig, diese Rechtslage zu reformieren.
    Soviel Geld für soviel Kunst, – möchten Sie versuchen, eine darmstädter Durchschnitshausfrau wie mich davon zu überzeugen?
    Gruß,
    Heike Klanitza

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