Vivarium zum EAD???

Rede zur Übernahme des Vivariums durch den EAD
(geschrieben von kerstin mit sprengseln vom jörg)

Ab dem 1.1.2010 wird das Vivarium also zum EAD gehören und von dort aus geleitet werden. Zielsetzung ist angeblich, dass das Vivarium von dort aus betriebswirtschaftlicher geführt werden könne und damit der Zuschuss der Stadt in Höhe von etwas über einer Million perspektivisch reduziert werden könne.

Eine Stadt sollte eine klare Entscheidung treffen, ob sie sich ein Vivarium leisten möchte oder nicht. Wir sind der Meinung: Wir wollen ein Vivarium und dieses gehört in den Kernhaushalt der Stadt. Nur so kann die nötige Transparenz für die Bürger sicher gestellt werden und das Vivarium auch im Sinne einer politischen Gestaltbarkeit geleitet werden. Diese Verantwortung haben wir auch den Tieren in dieser Anlage gegenüber. Ein Vivarium oder ein Zoo ist kein Betrieb, der rein wirtschaftlichen Bedingungen unterliegen darf. Bei einer Institution wie einem Vivarium kann nur marginal gespart werden. Kleinere Ersparnisse lassen sich vielleicht durch Synergieeffekte mit dem EAD erzielen, diese sind jedoch unbedeutend im Vergleich zu dem Verlust der Kontrollmöglichkeiten der parlamentarisch gewählten Volksvertreter.

Bei der Übertragung des Vivariums fallen 27 aus dem Stellenplan der Stadt in den Zuständigkeitsbereich des EAD. Warum kann man mit den gleichen MA beim EAD besser arbeiten als bei der Stadt? Beide Bereiche unterliegen dem TVÖD. Es scheint sich um ein Managementproblem zu handeln, vielleicht hat niemand im Magistrat Lust/Kraft sich um die Strukturen im Vivarium zu kümmern?
Bei allen Aufgabenübertragungen an Eigenbetriebe schwingt auch immer ein bisschen Kritik an der Verwaltung mit, so als könne man außerhalb der städtischen Verwaltung bessere Arbeit leisten. Dies ist nicht nachvollziehbar. Die Mitarbeiter der städtischen Verwaltung machen eine gute und engagierte Arbeit, aber man kann immer nur so gut arbeiten wie das Management einen lässt! .

Bei den Eigenbetrieben sitzen zwar auch die Vertreter der großen Fraktionen in den Betriebskommissionen, aber alles was dort besprochen wird unterliegt der Geheimhaltung.
Wie kann es sein, dass immer mehr steuerfinanzierte Unternehmungen der Kontrolle durch die Bürger entzogen werden. Wie ist es um unser Demokratieverständnis bestellt? Sollte es für die Bürger nicht immer nachvollziehbar sein, was mit ihrem Geld gemacht wird? Wollen wir Volksvertreter, die ihr Wissen an die Bürger weitergeben können oder wollen wir die Segregation von Politikern in Nebengesellschaften? Kommunalpolitiker, die sich innerhalb der Stadtwirtschaft von Aufsichtsrat zu Aufsichtsrat, von Betriebskommission zu Betriebskommission hangeln und ihr Wissen nicht mehr mit denen teilen dürfen von denen das Geld kommt? Soll es ein Kennzeichen einer demokratischen Gesellschaft werden, das Intransparenz vorherrscht? Demokratie ist mehr, als wählen gehen zu dürfen.

In allen Kommunen, so auch in Darmstadt, sind immer mehr eigenständige städtische Betriebe entstanden, die nicht mehr politisch steuerbar sind. Es wurden unkontrollierbare Machtpositionen geschaffen und die mächtigsten Menschen in dieser Stadt heißen wohl eher Filbert, Braun und Kleindiek als Hoffmann, Wenzel und Co! Aktuelle Beispiele sind die Vorgänge um die Centralstation, in die noch nicht einmal gewählte Volksvertreter Einblick bekommen oder die Entscheidung von Herrn Braun (Bauverein), ein Hotel neben der Krone bauen zu wollen. Einen Bebauungsplan gibt es dafür leider nicht, aber das interessiert bei so viel Macht nicht wirklich! .Mittlerweile soll die Politik den Vorgaben der Stadtwirtschaft folgen, nicht wie ursprünglich vorgesehen die Stadtwirtschaft politische Zielsetzungen umsetzen.

Der Hauptgrund für diese Vorlage ist natürlich, dass es vielleicht schon nächstes Jahr rund gehen wird in Darmstadt. Das Haushaltsloch hat schwindelerregende Größen angenommen und wahrscheinlich kommen alle freiwilligen Leistungen auf die Abschussliste.
In diesem Zusammenhang ist es natürlich nachvollziehbar, das Vivarium dem Zugriff des RP zu entziehen und es so vor evtl. Streichungen zu schützen. Aber: der Haushalt wurde systematisch über viele Jahre hinweg an   die Wand gefahren durch viele Fehlentscheidungen und falsche Prioritäten (ein Beispiel: Darmstadtium: bilanzierter Verlust 2008 = 7 Mio Euro!!!!!). Deswegen jetzt die Mitsprache-Rechte der Stadtverordnetenversammlung immer weiter zu beschränken, indem möglichst viele Bereiche ausgelagert werden, ist unverschämt. Zumal dieses Instrument auch nur beschränkt nutzbar ist.
Bezahlen muss am Ende immer der Bürger. Die Frage ist nur: Hat er noch Einblick und Mitsprachrechte, oder wird alles nur noch hinter verschlossenen Türen entschieden?

Wir sehen keine nachvollziehbare Zuordnung des Vivariums zum EAD und lehnen diese Vorlage ab.

Zum Abschluss noch ein kleines Zahlen und Gedankenspiel:

Besucherzahlen vs Zuschüsse:

Darmstadtium – 2008:

160.000 Besucher – ca. 7.000.000 euro Zuschuss – ca. 45 euro pro Kopf

Vivarium – 2008:

200.000 Besucher – ca. 1.200.000 euro Zuschuss – ca. 6 euro pro Kopf

Es fragt sich, was ist uns wie viel wert?
Wie hoch ist der Anteil der Darmstädter Bürger und Familien, die diese beiden Einrichtungen besuchen?

Am besten übertragen wir dem EAD, zum Zwecke der besseren und effektiveren Führung, nach dem Krematorium und dem Vivarium auch noch das Darmstadtium und die Stadtverwaltium !!!!

Ein Kommentar

  1. (quelle: http://www.echo-online.de/suedhessen/static/806031.htm )

    Vivarium kommt unter die Fittiche des EAD
    Stadtparlament: Neuorganisation soll zur Verminderung des Defizits beitragen

    Vor lauter Lob müssen der Leiterin des städtischen Eigenbetriebs Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (EAD), Sabine Kleindiek, am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung im Liebighaus die Ohren geklingelt haben. Ein “kluges Köpfchen” wurde ihr bescheinigt und gutes Management. Das hatte wohl unter anderem den Ausschlag für die Übertragung des Kleinzoos vom Grünflächenamt an den Eigenbetrieb gegeben. Weil das Vivarium Verluste macht – jährlich über eine Million Euro – soll sich nun der EAD etwas einfallen lassen, um das Defizit zu verringern.
    Die organisatorische Neuordnung war Jörg Dillmann (Uffbasse) nicht ganz geheuer. Die Stadt solle lieber klar entscheiden, ob sie das Vivarium weiterhin haben wolle oder nicht, meinte er. Ein Kleinzoo sei kein Betrieb, der rein wirtschaftlichen Bedingungen unterliegen dürfe. Aus dieser Neuorganisation lese er Kritik an der Verwaltung heraus: Warum werde dem Eigenbetrieb mit denselben Mitarbeitern eine bessere Arbeit zugetraut als ihr? Dillmann fürchtet, dass die Mitspracherechte des Parlaments durch die Eingliederung in einen Eigenbetrieb beeinträchtigt und der öffentlichen Kontrolle entzogen werden.

    Erst sei das Krematorium zum EAD gekommen, das nun schwarze Zahlen schreibe, jetzt das Vivarium – vielleicht folgten demnächst ja auch Darmstadtium und Stadtverwaltium nach, witzelte Dillmann. Das Darmstadtium jedenfalls werde mit 45 Euro pro Kopf bezuschusst – und das Vivarium nur mit sechs Euro pro Kopf.

    Doris Fröhlich (Grüne) verteidigte die Neuordnung mit dem Argument, beim EAD gebe es straffere und kürzere Entscheidungswege. Auch werde der Eigenbetrieb Phantasie aufwenden, um zusätzliche Einnahmen im Vivarium zu erzielen.

    Was der EAD denn besser mache als die Verwaltung, wollte Georg Hang (Alternative Darmstadt) wissen. Wenn alles eine Frage des Managements sei, müsse sich die Verwaltung dieses aneignen. “Wir sollten vom EAD lernen, statt alles zu ihm hinzuschieben”.

    Stadtrat Dieter Wenzel verteidigte die neue Organisationsform, die dazu beitrage, das Vivarium als Markenzeichen für Darmstadt zu erhalten. Sie wurde mehrheitlich beschlossen, allerdings gegen die Stimmen von Uffbasse, Linke und bei Enthaltung von Uwiga. Sie gilt ab 1. Januar 2010.

    pep
    31.10.2009

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