Partys im Park: Jugendarbeit statt Vorhängeschloss

Ein Vorhängeschloss ist keine Form von politischem Gestaltungswillen, sondern eine Kapitulation. Der aktuelle Umgang der Stadt mit jungen Menschen offenbart vor allem eines: Verantwortlichen fehlt jegliche Perspektive für konstruktive Lösungen.

Im September 2020 wurde die Orangerie in Reaktion auf „Lärm, Vermüllung und Zerstörung“ durch „zumeist jüngere Feiernde“, so die Wissenschaftsstadt Darmstadt, zwischen 23 und 6 Uhr erstmals verriegelt. Zu Beginn der warmen Sommermonate wiederholte sich diese Maßnahme Ende Mai 2021. Die Tore des beliebten Parks in Bessungen bleiben in der Nacht zu. Dafür sorgt ein von der Stadt bestellter, privater Sicherheitsdienst.

Doch zu glauben, mit der Sperrung der Orangerie Feiern und Lärm abzuschalten, ist illusorisch. Das Geschehen verlagert sich lediglich. Der Wegfall des einen Ortes etabliert neue Treffpunkte. Wie dieser Irrweg ins Leere führt zeigt sich tagesaktuell: Die örtliche Presse berichtet jüngst von Feiernden im Herrngarten, die bis in den Morgen für erhöhte Lautstärke sorgten. Wird jetzt auch der Herrngarten dicht gemacht?

Ob Basketballplatz, Pausenhof, Jugendtreff, Vereinssport, Proberaum, Kneipe, Club, Konzert – seit mehr als einem Jahr ist vor allem das jugendliche Leben drastisch eingeschränkt. Die sozial-kulturellen Bedürfnisse von Jugendlichen und jungen Erwachsenen lassen sich jedoch nicht ewig ausbremsen. Kein Wunder, dass jetzt in Ermangelung an Treffpunkten die wenigen verbleibenden Orte im Freien vereinnahmt werden.

Dass dies Reibungen auslöst, ist dabei mitunter auch die Konsequenz einer Entwicklung des städtischen Raum, der von massiver baulicher Verdichtung sowie dem Zurückdrängen von öffentlichem, freiem Raum zu Gunsten von Kapitalinteressen (Beispiel: der seelenlose Friedensplatz) geprägt ist.

Wie lassen sich diese Nutzungskonflikte auflösen? Wir wollen an dieser Stelle über den konzeptionellen Horizont des Vorhängeschlosses hinausgehen und zwei zentrale Ebenen der Problemlage fokussieren.

Von Verpackungsresten gezeichnete Grünanlagen sind kein Novum, eher ein leidiges Phänomen unserer Zeit. Die Verursacher*innen lassen sich in allen Altersgruppen ausmachen. Gleichzeitig ist ein Anstieg des Müllaufkommens auch die Folge der politisch forcierten Verlagerung von Gastronomie auf das To-Go-Geschäft in Zeiten der Pandemie. Fast alle gängigen Müllbehälter im Stadtraum, in Parks und Grünanlagen quellen jedoch bereits nach ein, zwei entsorgten Pizza-Kartons über. Unmittelbare Abhilfe würde das Installieren von größeren Müllbehältern schaffen. Eine ergänzende Intensivierung der Reinigungsintervalle in den Sommermonaten würde den Effekt verstärken.

In der Kommunikation mit jungen Menschen müssen neue Zugänge geschaffen werden.  Zum Beispiel um präventiv auf den Stellenwert der Nachtruhe für Anwohner*innen hinzuweisen.  Gerade wenn andere kulturelle, private und zivilgesellschaftliche Akteure pandemiebedingt weniger wirken, ist die Kommune als Impulsgeber besonders gefragt!

Ausgelassenes Zusammenkommen findet derzeit verstärkt abseits institutionalisierter Adressen (Kneipe, Club, Verein, Jugendzentrum …) statt und wird sich in dieser Form und Dynamik auch nicht örtlich binden lassen. Unverbindlich, frei, selbstbestimmt, unter Gleichaltrigen Zeit zu verbringen und identitätsstiftende Momente zu erlebe – das lässt sich nur begrenzt in Bahnen lenken. Aber keinesfalls unterbinden oder restriktiv regulieren. So verzichtet auch die örtliche Polizei weitestgehend auf Versuche die Zusammenkünfte aufzulösen. Eher wird Zurückhaltung und Deeskalation geübt.

Das Phänomen von „nomadisierenden“ Jugendlichen abseits bestehender Angebotsstrukturen ist dabei kein gänzlich Neues. Anknüpfen lässt sich dabei an das bereits 2004 in Kranichstein gestartete Projekt „V.I.P.eers“ (Very Important Peers). Jugendliche und junge Erwachsene (mit entsprechendem Training) aus dem Quartier suchen hier statt Sozialarbeiter*innen den Kontakt zu Gleichaltrigen, um enge, tragfähige Beziehungen aufzubauen. Auf Augenhöhe, konfliktarm. Derzeit sind die „V.I.P.eers“ in der Trägerschaft des Ökumenischen Gemeindezentrums Kranichstein eingebunden. Mit dem Polizeipräsidium Südhessen wird offiziell kooperiert.

Ohne als Moralapostel aufzutreten, gelingt es dem Team zwischen Konfliktparteien zu vermitteln und bei Jugendlichen für Rücksichtnahme zu sensibilisieren. Das Projekt ist mittlerweile mehrfach ausgezeichnet geworden, wird jedoch nur von wenigen Ehrenamtlichen realisiert. Der stadtweite Wirkungsgrad ist daher überschaubar. Wieso werden Ressourcen und Mittel nicht ausgebaut? Das bereits bewährte Modell kann als Schablone für eine Ausweitung und Neuausrichtung der kommunalen Jugendarbeit dienen, die aus ihren stationären Einrichtungen ausschwärmt, ausfächert, um flexibel und zielgerichtet wirken zu können. Insbesondere in Krisenzeiten.

 

Foto: Lapping auf Pixabay

 

Ein Kommentar

  1. guude zusammen,

    sorry…
    Hab keine andere möglichkeit gefunden mein geseier unnerzubringe.
    Ich häng des jetzt hier dran obwohls net nur uff de artiggel bezooche is.

    1stmal danke das ihr eure beiträge in verständlicher sprache schreibt und durch vermeidung des vergkaggten “neusprech” bestimmte und unbestimmte interessenten…. ups…. und interessentinnen ausschließt.
    Viele wörter der neuen sprache schließen – ich unterstelle beabsichtigt – menschen aus deren bildungsstand begrifflichkeiten nicht zuordnen können.
    Da lässt sich net schnell mal drüber lesen, weil verständlich formuliert, wie bei de BILD.

    Ergebniss:
    Verdrossenheit, das gefühl ausgeschlossen zu sein und aufkeimendes mißtrauen auf die “eliten” die scheinbar ihr ding durchziehen
    Ich versteh z.b. “biologische vielfalt” eher als “biodiversität”.
    Oder gespräch von 2 menschen besser wie bilateral oder mehrer
    Es ist aber wichtig auch menschen mitzunehmen die net täglich mit dem fucking politgesabber zu tun ham.
    Deswegen nochmal en fettes, ganz fettes danke für die verständliche sprache von euch.

    Leider is inzwischen net mehr zu sehn wer die beiträge geschrieben hat.
    Aber wer auch immer…. danke!
    Büschen arg schade find ich persönlich das die seite optisch immer rundgeleckter wird.
    Mir fehlt das büschen chaotische, von zertrümmerten hakenkreuzen bis was waas ich.
    Aber wahrscheinlich is des einfach vorbei und es sollen menschen erreicht werden, die mer sonst net erreicht.
    Keine ahnung….???

    Euch uff alle fäll weiterhin viel erfolg.
    Bleibt grad und lasst euch net (ver)biegen wo ihr es net selber wollt

    De ex-uffbasser jödi

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