Antrag: Keine Gewerbeflächen in Arheilgen West und Wixhausen Ost

Stopp und Abplanung der vorbereitenden Untersuchungen/städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme Arheilgen West und Wixhausen Ost (Darmstadt Nord).

Antrag für die Stadtverordnetenversammlung vom 15.07.2021:

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen, der Magistrat wird aufgefordert,

  • die 2020 beschlossene Magistratsvorlage 2020/0367 zurückzunehmen und die darin genannten Planungen und Analysen zur Erschließung der Flächen In Arheilgen West und Wixhausen Ost als prioritäre Gewerbeflächen sowie als potenziellen Depot-Standort der Heag Mobilo einzustellen.
  • Stattdessen sollen erneut stadtweite Untersuchungen erfolgen, um Entwicklungsflächen für Gewerbe auf bereits erschlossenen, versiegelten Flächen zu benennen. Vorrangig sollen sich diese Untersuchungen insbesondere auf das Kuhnwaldtgeländes nördlich der Starkenburg-Kaserne und auf das Areal der Starkenburg-Kaserne sowie das Goebel-Gelände konzentrieren. Bereits betrachtete Flächen sollen einer erneuten Betrachtung nach einheitlichen Kriterien unterzogen werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob im Rahmen des verstärkten mobilen Arbeitens und Arbeiten von zu Hause aus größere Bürokomplexe (teilweise) frei geworden sind, die in Gewerbeflächen umgewandelt werden könnten.
  • Der Magistrat wird weiterhin gebeten, die Eigentumsverhältnisse der frei gewordenen Gewerbeflächen zwischen Messplatz und Martin Luther King Ring zu klären und in Verhandlungen mit den Eigentümern zu treten, um die nicht mehr genutzten Grundstücke als Ausweichflächen für das geplante Gewerbegebiet in Arheilgen zu erwerben.
  • Für die HEAG mobilo ist eine Fläche von ca. 11ha auf dem Gebiet der Starkenburgkaserne und/oder dem sogenannten Kuhnwaldtgelände zur Errichtung eines Depots zu sichern. Dies sind die einzigen Flächen im Darmstädter Stadtgebiet die eine solche Entwicklung erlauben.

 

Begründung (Kerstin Laus Rede hierzu findet Ihr weiter unten):

In den genannten Gemarkungen wurden 230 Hektar Boden als Untersuchungsgebiet abgesteckt, um deren städtebauliche Entwicklungspotentiale zu analysieren. Das Ziel: neue Flächen für Gewerbe schaffen, vornehmlich für die Logistik-Branche und ein neues Depot der Heag Mobilo.

Eine solche Umwandlung zwischen Wald, Wiesen, in bestehenden Naherholungsgebieten, auf fruchtbarem Boden der örtlichen Landwirtschaft und in Frischluftschneisen ist abzulehnen.

Um im Kampf gegen den Klimawandel, eine Wende herbeizuführen, dürfen neue, versiegelte Flächen nicht auf Kosten von Wald, Grün und ökologischer Vielfalt geschaffen werden.

Für den Erhalt von Flora, Fauna, Natur, Lebensraum und Lebensqualität für Mensch und Tier reicht es nicht, nur Mobilität in den Blick zu nehmen. Konsequenterweise hat die Stadtverordnetenversammlung daher den Klimavorbehalt beschlossen. Dieser bewertet die Auswirkung städtischer Vorhaben auf das Klima.

Eine Flächenversieglung als zwangsläufige Folge einer Erschließung kann dabei unmöglich als „positiv auf das Klima“ wirkender Faktor qualifiziert werden. Potentielle Gewerbeflächen können zwar möglichst biodivers geplant werden, Beton bleibt jedoch auch trotz begrüntem Dach Beton. Die Untersuchungen oder gar die Umsetzung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme in Arheilgen West und Wixhausen Ost stehen sind daher mit dem Klimavorbehalt unvereinbar.

In einem sich zunehmenden erhitzendem urbanen Raum gilt es vielmehr bestehende Frischluftschneisen, Naherholungsgebiete und fruchtbare Böden der örtlichen Landwirtschaft, die mit ihren Erträgen eine regional-lokale Versorgung mit Lebensmitteln sichern, entschlossen zu schützen. Nur so bleibt unserer Stadt auch in Zukunft noch Luft zum Atmen.

Die Bedarfe von Gewerbe sind stets im Wandel. Die noch gegenwärtige globale Corona-Pandemie hat auch in Darmstadt Umbruchsprozesse verstärkt und beschleunigt. Bereits jetzt verzeichnet zum Beispiel die Darmstädter Innenstadt einen erhöhten Leerstand. Im weiteren Radius der Darmstädter Kernstand offenbart sich zudem vermehrt der Wegzug klassischer Industrie (Fertigung, Autohäuser …).  Zielführender ist es deshalb, bereits erschlossenen Flächen innerhalb der Stadt für Gewerbegebiete sowie für das neue Depot der Heag Mobilo, ggf. erneut,  zu untersuchen.

Die HEAG mobilo braucht als starker Partner der Verkehrswende und somit auch der Klimawende ein neues größeres Depot. Die einzige Fläche im Darmstädter Stadtgebiet die eine solche Entwicklung erlaubt, ist die Starkenburgkaserne und das angrenzende “Kuhnwaldtgelände”. Auch wenn dieses Gebiet derzeit als Wohnbebauung erschlossen werden soll, ist es richtig hier das Depot zu bauen. Denn zum einen liegt es dann relativ zentral in der Stadt, womit lange Ein- und Ausrückfahrten vermieden werden. Zum anderen liegt es dann an der geplanten Trasse nach Weiterstadt womit weitere Synergieeffekte entstehen. Somit entsteht eine Win-Win-Win-Situation, für Stadt, Mobilo und Umwelt.

 

Rede von Kerstin Lau zum Antrag in der StaVo:

Grundsätzlich erkennen wir die Notwendigkeit eines neuen Depots für die HEAG Mobilo an und den Bedarf neuer Gewerbegebiete. Deshalb haben wir auch im Oktober 2019, als es um die Vorlagen zur Einleitung vorbereitender Untersuchungen für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen in Arheilgen West und Wixhausen Ost ging, zugestimmt. Gegen eine ergebnisoffene Prüfung ist ja grundsätzlich nichts einzuwenden. Nur leider haben wir mittlerweile den Eindruck, dass das Ergebnis in den Köpfen der Koalition schon lange feststeht und das Gewerbegebiet Darmstadt Nord schon beschlossene Sache ist.

Knapp zwei  Jahre und eine Pandemie später sehen wir die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes kritisch. Nach 1,5 Jahren im Homeoffice ist das „new normal“ ein Begriff in allen Firmen. Er bezeichnet die hybride Arbeit sowie den mehr oder weniger flexiblen Wechsel zwischen Büro und Homeoffice. Dadurch wird weniger Bürofläche benötigt und viele Firmen wirtschaften Flächen ab. Der Leerstand wird wachsen. Uns ist klar, dass ein Bürokomplex nicht zwangsläufig ein Gewerbegebiet ist, aber viele Flächen werden sich umwidmen und umnutzen lassen. Durch die Pandemie sind auch viele Gewerbeflächen, zum Beispiel rund um den Messplatz, frei geworden. Die Grundstücke sind zwar in privater Hand, aber wenn das neue Gewerbegebiet sowieso erst in zehn Jahren kommen sollen, ist genug Zeit, um mit den Inhabenden zu sprechen. Auch sind dezentrale Lösungen für das neue HEAG Depot möglich. Diese wären zwar vielleicht schwieriger zu managen und etwas teurer, aber letztendlich muss man den Preis, den wir langfristig für die unwiederbringliche Zerstörung von 12 Hektar Natur bezahlen, abzuwägen gegen kreativere Lösungen für die HEAG und neue Gewerbeflächen.

Auch wenn die geplanten Gewerbeflächen in Darmstadt Nord möglichst biodivers geplant würden, bleibt Beton auch mit begrüntem Dach Beton. Die Ausweisung dieser Gewerbefläche ist mit dem Klimavorbehalt unvereinbar.

Wir müssen den Klimawandel auf allen Ebenen, die sich kommunal beeinflussen lassen, bekämpfen. Und dazu gehört auch, dass wir weitere Flächenversiegelungen so gut es geht vermeiden. In einem sich zunehmend erhitzenden urbanen Raum gilt es, bestehende Frischluftschneisen, Naherholungsgebiete und fruchtbare Böden der örtlichen Landwirtschaft, deren Erträge regional vermarktet werden, entschlossen zu schützen.

Gerade für eine Koalition, die den Umweltschutz an erste Stelle stellt, muss klar sein, dass es sich bei der Ausweisung eines Gewebegebietes Nord um eine sehr klimarelevante Maßnahme handelt. Immer nur Fahrradstreifen auf die Straße pinseln, wird nicht reichen im Kampf gegen die Klimaveränderungen. Es muss alles versucht werden, um klimaoptimalere Lösungen für das Gewerbe und die HEAG Mobilo zu finden. Vielleicht war die Planung eines Gewerbegebietes Nord gut, es besteht jedoch eine große Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben von den Entwicklungen der letzten Monate überholt wurde.

Wir bitten deshalb darum, die Planungen und Analysen zur Erschließung der Flächen in Arheilgen West und Wixhausen Ost als Gewerbeflächen sowie als Depot-Standort einzustellen und ergebnisoffen, stadtweit Flächen zu prüfen, die schon versiegelt sind. Auch benötigen wir dringend Untersuchungen, welches Gewerbe überhaupt Platz benötigt und wie die Anforderungen sind.

Uns ist weder bekannt, welche Anforderungen an das Depot der HEAG Mobilo gestellt werden noch wie viel und welches Gewerbe so dringend einen Platz in Darmstadt sucht. Deswegen einfach mal so, 12 Hektar Land zu zerstören, ist nicht mehr zeitgemäß – und war es vermutlich noch nie.

 

–> Nach intensiver Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung wurde der Antrag abgelehnt.

 

2 Kommentare

  1. Es ist mehr als bedauerlich, dass dieser Antrag abgelehnt wurde und zeigt einmal mehr, dass den Verantwortlichen das Wohlbefinden der Bürger egal ist. Vielmehr sucht man nach einem Goldesel, der Geld in die Stadtkasse spült. Das hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt. Der Widerspruch in sich, einerseits die bösen Autos aus der Stadt zu verdammen und ein paar Dächer zu begrünen, während man gleichzeitig wertvollen Boden unter Beton begräbt, sehen die Grünen offenbar nicht.
    Ebenso vergessen sie einen Leitsatz in ihrer Satzung, der besagt, dass keine weitere Versiegelung von Böden mehr erfolgen soll und die Natur geschützt werden muss.

    1. So sehen wir das auch. Praktizierter Umweltschutz ist mehr, als am Verkehr anzusetzen. Wir müssen auch die Bereiche Industrie, Stadtplanung, Energie proaktiv anpassen. Wenn Jochen Partsch sagt, dass das neue Gewerbegebiet “klimaoptimaler” sei als die aktuelle Grün- und Landwirtschaftsflächen, weil ein bisschen Dachbegrünung vorgeschrieben werden soll, kann ich mich nur wundern. :-(

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