TTIP-Veranstaltung in Darmstadt – verbaler Fehltritt des EU-Parlamentariers Gahler (CDU)

Die Podiumsdiskussion zu TTIP/CETA am 19. Feb 2016 endete mit einem unglaublichen Schlusssatz von Michael Gahler Plakat_TTIP_Podiumsdisk.web-vers._2016-02-19-page-0 (Abgeordneter der Hess. CDU im Europaparlament).

Er saß mit 5 anderen Vertretern der Politik auf dem Podium und rückte am Ende seiner Ausführungen Kritiker und Gegner von TTIP/CETA in die Nähe der AfD.

Im Laufe der Diskussion verteidigte und lobte Gahler die beabsichtigten Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) ebenso wie Brigitte Zypries (SPD), die jedoch ihre Zustimmung zu den Abkommen von Änderungen zu den Schiedsgerichten abhängig machte.

Helmut Klett (UWIGA) kritisierte insbesondere, dass zu den Verhandlungen so gut wie nichts öffentlich bekannt ist. Der Rest des Podiums – außer mir noch Hilde Förster-Heldmann (B90/Grüne), Martina Hübscher-Paul (Linke) – kritisierten die Abkommen inhaltlich ebenso wie die fehlende Information der Öffentlichkeit und machten ihre Ablehnung klar. Auch die beiden Moderatorinnen und der als Referent geladene Prof. Fisahn bekundeten ihre ablehnende Haltung.

Auf die Redebeiträge – die ich hier nicht weiter ausführen möchte – reagierten die ca. 200 Besucher (geschätzt) im fast vollen Saal des Justus-Liebig-Hauses je nach Redebeitrag mit zustimmendem Beifall oder Unmutsbekundungen und Zwischenrufen. Es war unschwer erkennbar, dass die überwältigende Mehrheit der Besucher die Abkommen nicht nur sehr kritisch sieht, sondern sie ablehnt.

Ich saß auf dem Podium neben Herrn Gahler (CDU) und spürte seinen wachsenden Frust ob dieser deutlichen ablehnenden Stimmung von Podiumsteilnehmern und Publikum.

Er hatte dann als letzter Redner das Wort in der Schlussrunde und beendete seine Ausführungen mit einer unglaublichen Aussage – er sagte sinngemäß an die Adresse der TTIP/CETA-Gegner “auch die AfD ist gegen diese Handelsabkommen und da sollten sie sich mal überlegen, in welcher Gesellschaft sie sich damit befinden”.

 

 

13 Kommentare

  1. Ja, genauso wie Schosch es beschreibt wars!!!
    Wir hatten volles Haus, interessierte und konzentrierte Zuhörerinnen und Zuhörer und ein engagiertes und kraftvoll diskutierendes Publikum, eine prima Moderation – war für uns ein voller Erfolg!!!
    Es ist uns, Georg, Andreas Fishan und mir (Martina Hübscher-Paul) gelungen die Unglaublichkeit von CETA, TTTIP und TiSA aufzuzeigen!
    Liebe Leute, wir brauchen Eure Unterstützung im Kampf die Ungeheuterlichkeit dieser Abkommen für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft und unsere kommunale Selbstverwaltung noch bekannter zu machen und unser Ziel “Darmstadt CETA, TTIP und TiSA frei” zu erklären zu erreichen.
    http://www.stoppt-ttip-und-co.de/
    Martina
    p.s. DANKE an Alle, die geholfen haben die Veranstaltung zu stemmen – war viel Arbeit, letztendlich erfolgreich!!!

  2. Nicht nur das! Es fiel vorher noch das Wort “Querfront”. Der Typ ist sowas von daneben, dass es einem die Schuhe auszog.

  3. guude zusammen,
    danke schorsch für deine, wie ich meine, sehr gelungene und objektive zusammenfassung der veranstaltung.
    Es ist deutlich rauszulesen, die moderation der veranstaltung nicht gerade von befürwortern von TTIP/CETA vorgenommen wurde.
    Das ist durchaus legitim, denn der ankündigung der veranstaltung war so eindeutig, wie die einstellung der veranstalter dazu.
    Zumal die presse zwar zum teil schon auch kritisch berichtet aber die befürworter dieses abkommens an ungleich längeren hebeln sitzt und diese mit ungleich mehr kapital und einfluss einzusetzen weiß.
    Danke deswegen an alle menschen, die sich trotzdem gerade machen.
    Das einem “polit-profi”, in einem solchen zusammenhang ein solcher “ausrutscher” entfährt, zeigt erst was wirklich dahinter stecken muss.
    Wenn diese art totschlagargumente kommen is mit sicherheit faul.

  4. Ich hatte ja Notizen für meinen Artikel gemacht und er hatte “Querfront” und “Die AfD ist auch gegen TTip” gesagt.

    Natürlich war es war eine Anti-TTip und -Ceta-Veranstaltung, da war für Michael Gahlert und Brigitte Zypries nichts zu gewinnen. Was mich störte war allerdings schon, dass die eine Moderatorin ihre Fragen mit ellenlangen Statements einleitete – das fiel selbst dem Publikum auf. :-) Aber dann vom Publikum “keine Co-Referate” verlangen, hehe.

    Dann waren die Moderatorinnen mit einigen der Diskutanten per Du. Ok, letztes ist in einer Stadt nicht vermeidbar, da kennt man sich (geht mir ja nicht anders) aber am besten spricht man sowas gleich zu Beginn an. Rumeiern mit “Sie” wirkt nämlich auch seltsam, wenn man weiß, wer sich kennt.

  5. Es gibt im wesentlichen zwei Varianten für solche Veranstaltungen.

    Entweder will man eine Position ausführlich darstellen. Dann engagiert man sich einen oder mehrere Referenten à la Andreas Fishan, die diese Position erläutern und gegebenenfalls Fragen dazu beantworten.

    Oder aber man macht eine Diskussion. Da sollen mehrere Positionen dargestellt werden und gegeneinander argumentieren. Es gibt also maximal eine neutrale Einleitung, keine ausführliche Darstellung nur einer Seite. Und es gibt eine Moderation, die sich inhaltlich zurückhält und eine faire Diskussion sicherstellt.

    Was hier passiert ist, war eine Mischung. Wie ich sie überhaupt nur von gewissen Linken kenne, die mit demokratischer Kultur ihre Schwierigkeiten haben.

    Eine faire Diskussion war hier von Anfang an nicht gewollt, Moderation und Referent waren einseitig, die Gästeauswahl selektiv. Angeblich sollten ja die Fraktionen des Stadtparlaments präsent sein (obwohl es kein kommunales Thema ist), aber Piraten und FDP wurden ausgeschlossen.

    Gahlers Frust ist daher völlig verständlich. Einen Diskussionsteilnehmer nur einzuladen, damit man einen zum Abwatschen hat – aber ohne eine faire und ausgeglichene Diskussion zu ermöglichen, das ist niveaulos.

    Und in der Sache hat er natürlich recht. “Linke” und AfD bilden bei TTIP wie bei anderen Themen die Querfront. Und das folgt sehr unangenehmen historischen Mustern.

  6. Moin Ralf,

    ich war vor Ort und muss sagen allein vom Namen des Veranstalter war doch klar das dies eine Gegen-TTIP Veranstaltung ist, was die schlechte Moderation allerdings nicht entschuldigt.
    Das Thema der Veranstaltung war dabei die Auswirkungen TTIP und co auf die Kommunen, daher passt das schon. Gut fand ich, dass der Professor erinnert hat, das auch bei TTIP & co das große Bild zu sehen ist, sprich die Flüchtlingskrise, die seiner Meinung nach durch solche Abkommen immer größer werden wird. Sprich es geht hier um viel viel mehr!
    Ich persönlich weiß das die Welt nicht schwarz-weiß ist und daher bin ich in der Erwartungshaltungshaltung zur Veranstaltung gegangen zu hören, was es denn Gutes an TTIP gibt. Da bin ich sehr enttäuscht worden, wenn das Hauptargumente Pro TTIP “die AFD ist dagegen, also sei dafür” ist! (Und Danke an den Link von Carsten, das dies auf EU-Ebene noch nicht mal stimmt -;))
    Was das Publikum sehr stark gestört hat war die Geheimhaltung der Verhandlungen. Hier haben Zypris und Gahler einfach nur rumgeweint, das dies auf Druck der anderen Staaten passiert und man könne nichts machen. Da fand ich es besonders gut, dass Schorch die beiden Mal an ihre Aufgabe als “unsere Volksvertreter” persönlich erinnert hat, das sie dazu im EU-Parlament, bzw. Bundestag sitzen um dies zu ändern!

  7. > war doch klar das dies eine Gegen-TTIP Veranstaltung ist …
    Es war klar, daß die Veranstalter TTIP-Gegner sind. Es war aber nicht klar, daß das alles so unfair ablaufen würde.

    Wenn man ein Fußballspiel veranstaltet ist auch klar, daß die Fans die Heim-Mannschaft unterstützen.
    Aber hier wurden schon vor dem Spiel zwei Spieler der Gästemannschaft mit roter Karte rausgeworfen, dann hatte der “Experte” 10-mal Elfmeter aufs leere Tor und beim eigentlichen Spiel haben dann alle Schiedsrichter für die Heim-Mannschat mitgekickt.

    Wenn man so etwas nötig hat, ist man sich seiner Argumente offenbar nicht sicher …

    > Gut fand ich, dass der Professor erinnert hat, das auch
    > bei TTIP & co das große Bild zu sehen ist, sprich die
    > Flüchtlingskrise, die seiner Meinung nach durch solche
    > Abkommen immer größer werden wird.
    Da hat er sich ja noch abenteuerlicher aus dem Fenster gelehnt als sonst bei TTIP-Gegnern üblich.
    Er sollte sich mal die Realität anschauen: Fast alle Flüchtlinge kommen aus Ländern, die NICHT am Freihandel teilnehmen.

    > Da bin ich sehr enttäuscht worden, wenn das Hauptargumente
    > Pro TTIP „die AFD ist dagegen, also sei dafür“ ist!
    Das wäre in der Tat schwach. Aber laut Bericht kam dieser Aspekt doch erst ganz zum Schluß – irgendetwas wird Gahler doch vorher schon erzählt haben, oder?
    Das Hauptargument pro TTIP ist natürlich, daß die kleinen Unternehmen und Selbständigen bessere Exportchancen bekommen. Die großen Multis haben ja Juristen genug, um mit dem gegenwärtigen Regel-Wirrwarr fertig zu werden.

    > Was das Publikum sehr stark gestört hat war die Geheimhaltung
    > der Verhandlungen.
    Das ist eine Standard-Behauptung der Anti-TTIP-Kampagne. Aber ziemlich blödsinnig.
    Die Verhandlungspositionen sind ja öffentlich und wurden vom Parlament diskutiert und beschlossen. Die eigentlichen Verhandlungen finden IMMER vertraulich statt, daß ist keine TTIP-Spezialität, sondern normales Prozedere seit Erfindung der Diplomatie.
    Und wer auch nur ein Mal bei ernsthaften Verhandlungen mitgemacht hat weiß, daß es auch nicht anders geht – weil ein Kompromiß nur gefunden werden kann, wenn man unverbindlich verschiedene Modelle andenken kann.
    Das Verhandlungsergebnis wird dann natürlich wieder veröffentlicht und diskutiert.

  8. Hallo Ralf,

    warst du wirklich auf der Veranstaltung?

    Die aktuelle große Herausforderung heißt Globalisierung und es wäre sehr naiv aufgrund der Digitalisierung der Welt zu glauben, dass die Globalisierung in Zukunft langsamer voran schreiten wird. Bei einem (Frei-) Handelsabkommen geht es natürlich darum bei den Gewinnern zu stehen und wo Gewinner sind da gibt es auch Verlierer. Flucht ist eine Aktion die daraus entsteht und man darf, auch wenn die Diskussion um die Kommune ging, sehr wohl mal über den Tellerrandschauen. Das Beispiel vom Prof von Kongo, muss ich in der Tat erst mal googlen.

    Zu “Geheimhaltung”
    CETA war nicht öffentlich, sondern ist geleakt worden und dann hat man es veröffentlicht. Transparenz von Seiten der Politik sieht anders aus, zumindest ist das mein persönliches Politikverständnis.
    Wenn alles so offen und transparent ist, dann machen hier die CDU und SPD einen verdammt schlechten Job, dies den Bürgen zu vermitteln.

  9. Hahahaha…..
    Wie geil!!!!
    Danke ralf!
    Zitat:
    “Das Verhandlungsergebnis wird dann natürlich wieder veröffentlicht und diskutiert.”
    Das ERGEBNISS!!!!! wird veröffentlicht und diskutiert….
    Ich lach mich schlapp!

    Jetzt muss mer nur noch dein:
    “normales Prozedere seit Erfindung der Diplomatie”
    Durch:
    normales Prozedere seit Erfindung der “Demokratie” ersetzen und dann bassds….
    Warum nur gehen so wenige menschen zur wahl?
    Vielleicht weil se sich verarscht vorkommen?
    Warum nur wählen die, die sich verarscht vorkommen und trotzdem wählen gehen irgendwelche vollhonks die so tun als würden se was ändern wollen?
    menno, menno…..danke depp-latierte parteien, das ihr uns immer wieder zeigt, für wie mündig ihr uns haltet über ergebnisse und bereits getroffene entscheidungen diskutieren zu dürfen.
    So wirds nix!

  10. Mir hat das Format der Diskussion deshalb gut gefallen, weil sich die Moderatorinnen nicht, wie sonst üblich, darauf beschränkt haben, mehr oder weniger schmeichelhafte und/oder geistreiche Überleitungen für die DiskutantInnen zu schaffen, sondern konkrete und gut recherchierte Fragen zur Sache gestellt haben. Ich kann die Kritik daran nicht nachvollziehen.
    Weshalb ich aber eigentlich hier posten wollte: Ein großes Kompliment an den Vertreter von UFFBASSE! Das waren gut begründete und in klarer Sprache vorgetragene Argumente gegen den so genannten Freihandel, die Belange der Stadt dabei immer fest im Blick. Als Nachbar aus der DaDi-Provinz beneide ich die Darmstädter für solch eine ausgezeichnete Wahl-Möglichkeit.

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