Klare Fronten bei Gewerbesteuer

ist der Titel eines Artikels im Darmstädter Echo vom 4. März über die – schwach besuchte – Podiumsdiskussion bei der IHK  eins_gleich_zwodreisechzigDarmstadt anlässlich der Kommunalwahl. CDU, Grüne, FDP und UWIGA möchten an dem aktuellen Hebesatz für die Gewerbesteuer nichts ändern.

Deren Argumente wurden im Artikel recht ausführlich beschrieben – recht kurz hingegen die Positionen von SPD, Uffbasse und Die Linke, die für eine maßvolle Anhebung des Steuersatzes plädieren.

Dass es auch in der Uffbasse-internen Diskussion Stimmen gegen eine Erhöhung gibt, habe ich bei der IHK erwähnt. Ich möchte hier erläutern warum ich für eine Erhöhung bin – und zwar etwas ausführlicher als dies in der vorgegebenen 1 Minute Redezeit möglich war – auch als PDF zum Runterladen.

Die Höhe der Gewerbesteuer kann die Kommune mitbestimmen über den sog Hebesatz. Die übrigen Parameter zur Berechnung dieser Steuer sind auf Bundesebene gesetzlich geregelt.

In DA liegt dieser Hebesatz z.Zt. bei 425 Punkten, in WI, OF und KS bei 440, in FRA bei 460.

Dass eine Erhöhung gerade die kleinen und mittleren Gewerbetreibenden trifft, akzeptiere ich zwar als eines der wenigen Gegenargumente. Aber wäre es wirklich so gravierend ?

Wie sich in DA eine Anhebung auf 450 auswirken würde, sieht man an einem Beispiel, bei dem die firmenspezifischen Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträge in beiden Fällen mit Null angenommen werden.

Bei einem Einzelunternehmer mit einem Rohgewinn von 100.000€ fallen mit Hebesatz 425 ca. 11.200€ Gewerbesteuer an, mit einem Hebesatz von 450 ca. 11.900€, also 700€ mehr.

Bei einer Kapitalgesellschaft mit 100.000€ Gewinn sind es 14.800€ bei 425 und 15.700€ bei 450 – also 900€ mehr.

Seit Mitte der 90er ist der Hebesatz in DA unverändert geblieben, während gerade große Kapitalgesellschaften in 2008 von der sog. Unternehmenssteuerreform durch eine deutliche Senkung ihres sog. nominalen Steuersatzes profitiert haben – mehr dazu weiter unten.

Ich denke – ebenso wie fast alle bei Uffbasse – eine leichte Erhöhung des Hebesatzes ist den Unternehmen zuzumuten.

Bei einem Rohgewinn von 100.000€ gerade mal 700€ mehr Gewerbesteuer nach 20 Jahren ist weniger als die sog. kalte Progression bei der Einkommens- bzw. Lohnsteuer für Arbeitnehmer.

Zumal es gerade für große Firmen in dieser Zeitspanne (besonders durch die Unternehmenssteuerreform der Berliner CDU/SPD-Koalition 2008) insgesamt eine deutliche Steuerentlastung gegeben hat – auch zu Lasten der Kommunen.

Im Haushalt von Darmstadt macht die Gewerbesteuer (2015 = 165 mio€) ca. 60{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} der Steuererträge aus und in 2015 ca. 15{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} der gesamten städt. Ausgaben von ca. 500 mio€. Eine Erhöhung des Hebesatzes auf 450 wären bei gleicher Gewinnsituation der Firmen unterm Strich etwa 7 – 8mio€ zusätzlich. Das ist nicht die Welt, aber doch hilfreich.

In ihren sog. Wahlprüfsteinen vom Juli 2015 fordert die IHK die Stadt auf, den laufenden Haushalt auszugleichen, die Schulden abzubauen und die Investitionen zu erhöhen.

Da die Stadt anders als die EZB kein Geld drucken darf, frage ich mich, wie sich die IHK die Umsetzung ihrer Forderungen vorstellt. Die Sparmöglichkeiten sind so gut wie ausgereizt.

Immer weiter Gebühren und eventuell auch wieder die Grundsteuer erhöhen geht zu Lasten der Bürger und Bürgerinnen. Da darf die Gewerbesteuer kein Tabu sein.

Die Firmen würden bei einer Erhöhung ihre Laptops zusammenklappen und wegziehen ist für mich als Argument nicht glaubwürdig. Bei einer Studie zur Standortbewertung hat die IHK Darmstadt selbst mehr als 30 Kriterien aufgestellt, die für die Standortwahl von Firmen eine Rolle spielen.

Dazu zählen die Infrastruktur (z.B. Schulen), die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Kinderbetreuung), die Kooperation mit Wissenschaft und Forschung ebenso wie das kulturelle Angebot einer Stadt und besonders das Potential an gut ausgebildeten möglichen Mitarbeitern.

Potentielle Mitarbeiter und Partner vor Ort ist ein Vorteil, der sich sogar direkt finanziell bemerkbar macht – z.B. geringere Kosten für Dienstreisen, Umzugsbeihilfen usw.

Auch ein Kongreßzentrum vor Ort wie das Darmstadtium wird überwiegend von Firmen genutzt, aber von der Stadt mit 3,5 mio€ pro Jahr bezuschusst.

Auf der anderen Seite ist es so, dass gerade die vielen Wissenschafts- und Forschungsinstitute in Darmstadt keine Gewerbesteuer zahlen, aber auch deren Mitarbeiter eine gute städtische Infrastruktur erwarten und benutzen. Wenn die Unternehmen von diesem Standortvorteil profitieren, scheint ein entsprechender finanzieller Beitrag nur recht und billig.

Wie funktioniert das eigentlich mit der Gewerbesteuer ?

Zur Berechnung der Gewerbesteuer werden – vereinfacht ausgedrückt – vom Rohgewinn gewisse Beträge abgezogen und andere hinzuaddiert, die davon abhängen, ob ein Unternehmen z.B. seine Gebäude, seinen Fuhrpark und sonstige Dinge gemietet, geleast oder selbst gekauft hat bzw. besitzt.

Außer diesen für jede Firma unterschiedlichen sog. Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträgen gibt es noch festgelegte Freibeträge. Daraus ergibt sich der maßgebende sog. Gewerbeertrag, der seit 2008 mit der bundeseinheitlichen sog. Gewerbesteuer-Messzahl 3,5{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} multipliziert wird.

Diese 3,5 Prozent des Gewerbeertrages werden mit dem von der Kommune festgesetzten Hebesatz multipliziert.

Seit Mitte der 90er ist der Hebesatz in DA unverändert, geändert hat sich aber 2008 durch die sog. Unternehmenssteuerreform der CDU/SPD-Koalition in Berlin die bundeseinheitliche Messzahl und davon haben besonders die großen Unternehmen profitiert, den kleinen hat es geschadet.

Bis 2008 gab es nämlich für Personengesellschaften und Einzelunternehmer 5 Stufen (1{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} … 5{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c}) und zwar galt der niedrigste Satz für geringe Gewinne, der höchste für große Gewinne von mehr als ca. 75.000€.

Für Kapitalgesellschaften galten 5{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} ab dem ersten Euro Gewinn. Seit 2008 gilt für alle der einheitliche Satz von 3,5{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} was gerade für kleine Gewerbetreibende nachteilig war.

Für Kapitalgesellschaften hingegen hat sich der sog. nominale Steuersatz mit dieser Unternehmenssteuerreform von 38{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} auf 29{cc6e9fa4799c65423e7b3aff9df2eb4f369581e8fac009e6ba61f9293a7cdc2c} reduziert.

Hier gehts zum Echo-Artikel

http://www.echo-online.de/politik/kommunalwahl/klare-fronten-bei-der-gewerbesteuer_16695754.htm

Hier der Beitrag als PDF

Gewerbesteuer-IHK